Vortragssitzung

Trends im ambulanten und stationären Sektor

Talks

Selbstselektion in der hausarztzentrierten Versorgung: Einfluss des Hausarztes – Studienprotokoll
Sonja Fischer, Universität Hohenheim

Einleitung / Introduction

Die hausarztzentrierte Versorgung (HzV) wurde in Deutschland auf der Grundlage der GKV-Modernisierungsgesetze von 2004 und 2007 in die ambulante Versorgung eingeführt. Durch die Stärkung des Hausarztes soll die kontinuierliche und koordinierte Versorgung zu Kosteneinsparun-gen und einer Verbesserung der Versorgungsqualität führen. In den letzten Jahren ist in Baden-Württemberg die Zahl der Versicherten, die an der HzV teilnehmen, kontinuierlich gestiegen. Diese Entwicklung zeigt, dass diese Versorgungsform auch in Zukunft von hoher Relevanz sein wird. Die Teilnahme an der HzV ist für Versicherte freiwillig, die Einschreibung findet nach erfolgter Auf-klärung in der Hausarztpraxis statt. Die Hausarztpraxis muss dafür ebenfalls freiwillig an der HzV teilnehmen. Dabei stellt sich die Frage, welche Faktoren die Selbstselektion beeinflussen und dazu führen, dass sich bestimmte Versicherte vorrangig für diese Versorgungsform entscheiden. Bishe-rige Arbeiten haben bereits gezeigt, dass sich ältere und morbidere Versicherte eher für die HzV entscheiden. Unserer Analyse des sozioökonomischen Hintergrunds der Versicherten zeigte sich, dass eher Versicherte mit geringerer Bildung an der HzV teilnehmen, während der Einfluss des Ein-kommens sehr gering ist. Nun stellt sich die Frage, welchen Einfluss der Hausarzt auf die Einschrei-bung seiner Patienten in die HzV hat.

Methode / Method

Es erfolgt eine retrospektive Kohortenstudie unter Verwendung von Routinedaten der AOK Ba-den-Württemberg von 2015 bis 2020. Neben umfangreichen Daten der Versicherten sind Informa-tionen der Hausärzte über die Teilnahme an der HzV, Alter, Geschlecht sowie der Anzahl der be-handelten Patienten pro Jahr in HzV und Regelversorgung verfügbar. Mit Hilfe von logistischen Re-gressionen wird untersucht, welchen Einfluss Teilnahmedauer, Alter und Geschlecht auf den Anteil der HzV-Patienten bei einem Arzt hat. Zusätzlich wird kontrolliert für die Morbidität, soziodemogra-fischen Daten und Pro-Kopf-Ausgaben der Versicherten.

Ergebnisse / Results

Die Ergebnisse der laufenden Studie werden zurzeit erhoben und liegen voraussichtlich bis März 2025 vor.

Zusammenfassung / Conclusion

Die Analyse zielt darauf ab, den Einfluss der Hausärzte hinsichtlich der Teilnahme von Versicherten an der HzV und der Regelversorgung zu untersuchen und die Wirkung der Anreize zur zielgemäßen HzV-Einschreibung zu überprüfen.


Authors
Sonja Fischer, Lehrstuhl für Ökonomik und Management sozialer Dienstleistungen, Institut Health Care & Public Management Universität Hohenheim
Rebecca Schopf, Lehrstuhl für Versicherungswirtschaft & Sozialsysteme, Institut Health Care & Public Management Universität Hohenheim
Christian Ernst, Lehrstuhl für Ökonomik und Management sozialer Dienstleistungen, Institut Health Care & Public Management Universität Hohenheim
Jörg Schiller, Lehrstuhl für Versicherungswirtschaft & Sozialsysteme, Institut Health Care & Public Management Universität Hohenheim
Understanding Hospital Transformations – A Process Study of German Hospitals
Daniel Veit, Universität Hamburg

Einleitung / Introduction

Hospital transformations in Germany, including shifts towards cross-sectoral short-stay hospital models in general medicine, are increasingly driven by the need to adapt to evolving healthcare demands and address emerging challenges. While such changes hold the potential to enhance the work environment for hospital staff, they crucially depend on the effective engagement of employees. A lack of engagement can lead to resistance, inefficiencies, and ultimately unsuccessful transformations that fail to meet intended goals. Although existing research offers some insights into staff engagement during transformation processes, there remains a gap in understanding the underlying mechanisms that determine why certain transformations succeed while others do not. This study aims to bridge this gap by asking: What factors influence successful staff engagement in hospital transformation processes? This research seeks to uncover the key elements that drive successful outcomes across the different phases of the transformation process.

Methode / Method

We examine the case of six hospital locations in Germany that are undergoing transformations into cross-sectoral short-stay hospital models in general medicine. Our process study will draw on three years of fieldwork (2024-2026). Our primary data source consists of semi-structured, face-to-face interviews with key actors at one time in 2024 (N=40) and 2026. Further, we will use minutes of bilateral and multilateral meetings, transformation-related email threads, presentations, letters, reports, and formal agreements.

Ergebnisse / Results

Preliminary findings identify key components aligning with existing literature. Communication, both before and during the transformation, emerges as particularly relevant. Early insights also suggest that insufficient formalization of rules and organizational structures can significantly increase staff workload. Additionally, a sense of belonging to the team appears to be more important than to the organization. Depending on the initial situation of the hospital, intra-organizational and interpersonal conflicts may arise, leading to substantial obstacles. The different initial conditions across hospitals have a considerable impact on the transformation process.

Zusammenfassung / Conclusion

Our study sheds light on critical factors affecting hospital transformations from the staff's perspective within the German healthcare context. It highlights the importance of tailored and context-specific transformation strategies. By addressing the underlying mechanisms of staff engagement, this research contributes valuable insights for healthcare managers looking to enhance the success of transformation initiatives, ultimately improving patient and provider outcomes in dynamic healthcare environments.


Authors
Daniel Veit, Universität Hamburg
Johannes Jahn, Universität Hamburg
Eva Wild, Universität Hamburg
Kriterien für die Krankenhauswahl bei Krebspatienten: eine qualitative Untersuchung
David Weber, Lehrstuhl für Medizinmanagement und Versorgungsforschung der Univeristät Bayreuth

Einleitung / Introduction

Jährlich erhalten etwa 500.000 Menschen in Deutschland die Diagnose Krebs und ungefähr 1,44 Millionen Krebspatienten werden stationär in Kliniken behandelt. Gesundheitspolitisch wird die freie Krankenhauswahl der Patienten durch die öffentliche Qualitätsberichterstattung gefördert. Diese Angebote werden jedoch selten genutzt, was darauf hindeutet, dass die bereitgestellten Informationen nicht den tatsächlichen Bedürfnissen und Präferenzen der Patienten entsprechen. Bisherige Studien zur Krankenhauswahl fokussieren oft auf elektive Eingriffe oder einzelne Krebsarten und stammen meist aus dem Ausland, was ihre Übertragbarkeit auf Deutschland einschränkt. Eine umfassende Analyse der Krankenhauswahlkriterien von Krebspatienten im Allgemeinen fehlt bisher. Vor diesem Hintergrund zielt diese Studie darauf ab, zu untersuchen, welche Kriterien für Krebspatienten bei der Auswahl ihres Krankenhauses am relevantesten sind. Da die psychologische Forschung zeigt, dass Präferenzen keine feste Größe sind, soll zudem untersucht werden, ob sich die Bedeutung dieser Kriterien durch die eigene Krankenhauserfahrung der Patienten im Zeitverlauf verändert.

Methode / Method

Einführend wurde eine systematische Literaturrecherche in PubMed durchgeführt, um den aktuellen Forschungsstand zu erfassen und relevante Kriterien für die Krankenhauswahl zu identifizieren. Aufbauend darauf wurden 15 Krebspatienten mittels einer quantitativen Vorabbefragung und anschließender leitfadengestützter Interviews bezüglich der Bedeutung dieser Kriterien befragt. Die Ergebnisse aus der Literaturrecherche und der Patientenbefragung wurden anschließend zusammengeführt, um die Gesamtbedeutung der Kriterien zu ermitteln.

Ergebnisse / Results

Im Rahmen der systematischen Literaturrecherche wurden 4.470 Studien gesichtet, von denen 20 die Einschlusskriterien erfüllten. Dabei konnten 56 Kriterien für die Krankenhauswahl identifiziert werden, wovon die 20 relevantesten in die Patientenbefragung einflossen. Insgesamt wurde für die Empfehlung des Arztes die höchste Bedeutung ermittelt. Dahinter folgen die Wartezeit, das Behandlungsvolumen, die Distanz zum Krankenhaus und die Kommunikation des Arztes. Platz sechs teilen sich die Gesamtqualität der Behandlung und die Qualifikation des Arztes. Platz acht belegt die eigene Vorerfahrung. Die eigene Krankenhauserfahrung hatte nur einen geringen Einfluss auf die Veränderung von Präferenzen; insgesamt zeigten 16 von 20 Kriterien eine leichte Zunahme in ihrer Bedeutung.

Zusammenfassung / Conclusion

Krebspatienten zeigen ein Interesse an Informationen zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität von Krankenhäusern. Die Wahl des Krankenhauses erfolgt patientenseitig eher auf sozialer Basis als durch einen rationalen Entscheidungsprozess, wobei persönliche Gespräche mit dem niedergelassenen Arzt eine entscheidende Rolle spielen.


Authors
David Weber, Lehrstuhl für Medizinmanagement und Versorgungsforschung, Univeristät Bayreuth
Martin Emmert, Lehrstuhl für Medizinmanagement und Versorgungsforschung, Univeristät Bayreuth
Michael Burkard, Lehrstuhl für Medizinmanagement und Versorgungsforschung, Univeristät Bayreuth
Untersuchung der Online-Kommunikation klimaschutzbezogener Maßnahmen deutscher Krankenhäuser auf Basis von Website- und Social-Media-Analysen und Experteninterviews
Tobias Kesting, APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft
Astrid Loßin, APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft

Einleitung / Introduction

Mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen definierten die teilnehmenden Staaten 17 Nachhaltigkeitsziele für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Zukunft. Dadurch gewann und gewinnt das Thema Nachhaltigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung an Bedeutung. Gemäß der EU-weiten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sind alle großen Unternehmen, darunter auch Krankenhäuser, bei Erreichen der Schwellenwerte ab 2025 zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichtes verpflichtet, und damit zur systematischen Kommunikation ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten gegenüber der Öffentlichkeit. Ein wichtiger Bestandteil der Nachhaltigkeitsthematik ist der Umwelt- und Klimaschutz. Die Studie des DKI zu Klimaschutz in deutschen Krankenhäusern aus dem Jahr 2021 zeigt auf, wo die entscheidenden Potenziale liegen, mit denen Kliniken den Klimaschutz vorantreiben können.

Methode / Method

Anhand des Webauftritts der Universitätskliniken der Nordbundesländer wurde untersucht, inwieweit die in der Studie vorgeschlagenen Maßnahmen bereits umgesetzt wurden und nach außen kommuniziert werden und ob weitere Klimaschutzmaßnahmen benannt werden. Zudem wurden die Social-Media-Auftritte der Kliniken (Instagram, Facebook, TikTok, LinkedIn, X) diesbezüglich analysiert. Mittels weiterer Experteninterviews wurden die Potenziale von Klimaschutzmaßnahmen für die Außenwirkung der Krankenhäuser von Klimaexperten aus der Gesundheitswirtschaft erfragt. Überdies erfolgte ein Abgleich mit den Anforderungen an den ab 2025 für viele Krankenhäuser obligatorischen Nachhaltigkeitsbericht.

Ergebnisse / Results

Die Ergebnisse zeigen ein differenziertes Bild. Insgesamt wird deutlich, dass einige größere Kliniken noch keine strukturierte und plattformübergreifend aufeinander abgestimmte Kommunikation ihrer klimaschutzbezogenen Nachhaltigkeitsaktivitäten vornehmen. Nur wenige haben einen Nachhaltigkeits- oder Umweltbericht. Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden meist nur punktuell und nicht systematisch kommuniziert. In den Sozialen Medien werden Klimaschutzmaßnahmen der Krankenhäuser weniger präsent als auf deren Websites und erfolgen nur punktuell.

Zusammenfassung / Conclusion

Mit Blick gerade auf die Gesundheit älterer Mitarbeitender, Patient*innen und Bürger*innen können Krankenhäuser durch systematisches Vorgehen zu einem aktiven, gesellschaftswirksamen Nutzenbeitrag zu mehr Klimaschutz und dessen Kommunikation beitragen, so insb. durch eine organisationsstrategische Verankerung und eine prominente Darlegung von Nachhaltigkeits- und Klimaschutzaktivitäten auf der Homepage und in sozialen Medien. Der Nachhaltigkeitsbericht kann dies unterstützen. Er bietet aufgrund seiner Strukturierung und Nachverfolgung des Klimaschutzes anhand von Zielen und Kennziffern eine gute Basis für Klimaschutzaktivitäten und deren Kommunikation gegenüber Stakeholdern.


Authors
Tobias Kesting, APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft
Astrid Loßin, APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft
René Schubert, DKTIG - Deutsche Krankenhaus TrustCenter und Informationsverarbeitung GmbH