Vortragssitzung

Qualität und Qualitätsmessung

Talks

Welche regionale Einheit sollte für die Qualitätsmessung im deutschen ambulanten Sektor verwendet werden?
Philip Bammert

Einleitung / Introduction

Im ambulanten Sektor in Deutschland sollte Qualitätsmessung einrichtungsübergreifend durchgeführt werden, da meist mehrere Leistungserbringer an der Behandlung der Patienten beteiligt sind. Mit netzwerkanalytischen Methoden können Ärzte identifiziert werden, die dieselben Patienten betreuen und somit für eine Patientengruppe verantwortlich sind. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob diese empirischen Ärztenetzwerke auch regional zusammenhängen und welche regionale Einheit die Netzwerke am genauesten abbildet, sodass diese Einheit für die Qualitätsmessung im deutschen ambulanten Sektor herangezogen werden kann.

Methode / Method

Auf der Basis von Routinedaten von vier Kassenärztlichen Vereinigungen und unter Nutzung von netzwerkanalytischen Methoden haben wir empirische Ärztenetze identifiziert und diese mit Kreisen, Planungsbereichen und Postleitzahlen (3- sowie 5-stellig) verglichen. Hierfür wurde der Standort der Arztpraxen herangezogen. Ziel war es, eine regionale Einheit zu finden, die groß genug ist, um möglichst viele Ärzte eines empirischen Netzes zu umfassen, aber klein genug ist, um möglichst wenige Ärzte verschiedener Netze zu umschließen.

Ergebnisse / Results

Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass Ärzte welche eine Vielzahl an Patienten gemeinsam behandeln auch örtlich zusammenhängen. Einzelne 5-stellige Postleitzahl-Regionen enthalten meist wenige verschiedene empirische Netze, jedoch sind die Ärzte in einem einzigen Netz oft in vielen verschiedenen 5-stelligen Postleitzahlen angesiedelt. Bezüglich der Kreise ist das Gegenteil der Fall, hier sind in einem empirischen Netz die Ärzte meist aus nur wenigen verschiedenen Kreisen, jedoch findet man in einzelnen Kreisen oft viele Ärzte die nicht dem selben empirischen Netz angehören. Planungsbereiche schneiden dagegen in beiden Aspekten recht gut ab. Ein Planungsbereich enthält in der Regel nur wenige unterschiedliche Netze, gleichzeitig stammen in einem Netz die Ärzte in der Regel nur aus wenigen unterschiedlichen Planungsbereichen. Daher eignet sich die regionale Einheit der Planungsbereiche zur Nutzung für die Qualitätsmessung im ambulanten Sektor in Deutschland.

Zusammenfassung / Conclusion

Während Bezirke zu weit und 5-stellige Postleitzahlregionen zu eng erscheinen, erweisen sich Planungsgebiete als geeignete Einheit zur Abbildung empirischer Ärztenetze. Wir empfehlen daher, die Qualitätsmessung auf Planungsbereichsebene durchzuführen, um sicherzustellen, dass die beobachteten Leistungserbringer eine zusammenhängende Gruppe von Patienten versorgen.


Authors
Philip Bammert, Technische Universität München
Ronja Flemming
Leonie Sundmacher, Technische Universität München
Comparative Study of Healthcare Quality Reporting Websites: A Content Analysis Across Nine Western Countries
Maxime Sapin, Universität St. Gallen, School of Medicine, HSG

Einleitung / Introduction

In the healthcare sector, consumers often struggle to find quality information about providers, a stark contrast to the abundant reviews available for other goods and services. Over the past two decades, efforts have been made by policy makers and private organizations to increase transparency in healthcare quality, aiming to help patients make informed choices. Despite these efforts, the complexity and volume of available data can overwhelm and confuse consumers, making it difficult for them to effectively use this information. Our study seeks to address these challenges by assessing and improving public reporting in healthcare across various Western countries, building on previous research which highlighted the need for more effective presentation of health information on public reporting websites.

Methode / Method

Our research project, conducted in two phases from January to October 2023, involved an extensive search for quality healthcare information websites. The first phase focused on identifying and analyzing these websites, while the second phase involved a more detailed, updated examination. We followed a case-oriented comparative approach using qualitative methods and analyzed 19 healthcare quality websites. Our search combined AI-powered natural language processing for initial identification and manual internet searches for comprehensive coverage. Expert interviews and a review of both published and gray literature further supplemented our sources.

Ergebnisse / Results

Our study reveals significant variations in healthcare areas covered by different websites. Key findings include a wide variation in the scope of healthcare areas covered, with some sites focusing on specific sectors and others offering broader information. There is also a notable difference in how these websites present quality measures such as structural, process, and outcome indicators. A critical finding is the lack of standardization in public reporting methods, both within and across countries. Additionally, the study highlights variability in the methodologies and data sources used by these websites. In terms of funding and ownership, most websites are nationally funded and primarily operated by public entities or private non-profits.

Zusammenfassung / Conclusion

Our evaluation of healthcare information websites from various countries reveals the depth and diversity of quality data available to the public, highlighting a trade-off between comprehensibility and transparency. The abundance of data risks overwhelming patients, making the presentation method crucial. This highlights the importance of balancing detailed transparency with user-friendly comprehensibility. Our findings suggest the need to develop standards that achieve this balance, enhancing public reporting and serving the diverse needs of stakeholders.


Authors
Maxime Sapin, Universität St. Gallen, School of Medicine, HSG
Justus Vogel, Universität St. Gallen, School of Medicine, HSG
Routinedatenbasierte Qualitätsindikatoren für die ambulante Versorgung von Cox- und Gonarthrose: erste Ergebnisse einer Cluster-randomisierten Studie
Tobias Bock, Technische Universität München, Fachgebiet für Gesundheitsökonomie

Einleitung / Introduction

Die aktuelle Versorgung von Menschen mit Gon- und Coxarthrose in Deutschland ist geprägt von hohen Implantationsraten von Totalendoprothesen. Eine unzureichende Ausschöpfung ambulanter Therapieoptionen wird in diesem Kontext diskutiert. Qualitätsindikatoren (QIs) können dazu dienen, die Qualität der evidenzbasierten Versorgung von Gon- und Coxarthrose zu messen und transparent darzustellen. Bestehende QI-Sets fokussieren häufig das Entlassmanagement nach der Gelenkersatzoperation und/oder erfordern über die routinemäßig erhobenen Abrechnungsdaten der Krankenkassen hinaus zusätzliche Datenerhebungen. Ein routinedatenbasiertes QI-Set für die ambulante Versorgung von Patienten mit Cox- und Gonarthrose vor der Gelenkersatzoperation wurde orientiert an der RAND/UCLA-Methodik entwickelt und wird im Rahmen einer Cluster-randomisierten Studie pilotiert.

Methode / Method

Die vierzehn QuATRo-Arztnetze der AOK Bayern werden in sieben Interventions- und sieben Kontrollnetze randomisiert. Die Intervention setzt sich aus zwei moderierten Netzwerktreffen zusammen, worin die netzspezifisch berechneten QIs auf Basis von datengestützten Feedbackbögen gemeinsam mit den teilnehmenden Netzärzten analysiert und diskutiert werden. Für die Evaluation der Wirksamkeit der Intervention werden Routinedaten der AOK Bayern herangezogen. Hierfür werden die QIs jeweils für einen einjährigen Beobachtungszeitraum vor und nach der Intervention berechnet. Die Analyse erfolgt nach dem Intention-to-treat-Prinzip auf den Ebenen der Praxen, der Arztnetze sowie der bayerischen Regelversorgung.

Ergebnisse / Results

Zum Zeitpunkt der 16. dggö Jahrestagung sind die Netzwerktreffen durchgeführt und die QIs für den Beobachtungszeitraum vor der Intervention evaluiert. Sowohl im Vergleich der Arztnetze als auch im Vergleich der einem Arztnetz zugehörigen Praxen sind teilweise erhebliche Unterschiede in der Erfüllungsrate einzelner QIs festzustellen. Zudem können die QI-Ergebnisse einen Hinweis auf eine unterschiedliche Versorgung in Arztnetzen verglichen mit der Regelversorgung geben.

Zusammenfassung / Conclusion

Das routinedatenbasierte QI-Set bietet ein ressourcensparendes Instrument, das zur transparenten Abbildung der Qualität der ambulanten Gon- und Coxarthrose-Versorgung beitragen kann. Basierend auf den QI-Ergebnissen können Versorgungsdefizite identifiziert und in interdisziplinärem Austausch mögliche Lösungskonzepte insbesondere zur Verbesserung der Koordination und Kontinuität der Versorgung erarbeitet werden.


Authors
Philip Bammert, Technische Universität München, Fachgebiet für Gesundheitsökonomie
Ronja Flemming, Technische Universität München, Fachgebiet für Gesundheitsökonomie
Leonie Sundmacher, Technische Universität München, Fachgebiet für Gesundheitsökonomie
Physician quality information use in the outpatient sector: results from the KORA-Fit study
Juliane Hennecke, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg

Einleitung / Introduction

To make rational decisions when choosing between physicians, patients benefit from quality information. Physician quality information (PQI) can be obtained from various sources including commercial physician rating websites (PRW). Publication of PQI improves transparency, supports patients’ choices and thus fosters competition in the healthcare system. Our paper contributes to this topic by providing evidence on determinants of PQI use in general as well as determining which of the different sources of PQI in the outpatient sector are used by whom.

Methode / Method

We utilize data from the population-based KORA-Fit study in Southern Germany in 2018/19. Our sample includes 53- to 74-year-olds (N=1728). We are thus able to identify factors associated with PQI use for older patients who have a high potential for a statutory PQI use. Our analysis consists of a reduced-form binary logistic regression model to estimate determinants of (1) PQI use, (2) PQI sources and (3) the potential use of a hypothetical statutory PQI source (i.e. a fictitious source of objective information). As potential determinants, we investigate patient characteristics with a focus on personal health variables. We also control for sociodemographic characteristics, personality traits, economic preferences measures, and health-related behavior. We also implement a survey experiment to get a more causal estimate of the relationship between health status and PQI use. Lastly, we investigate self-perceived reliability of different PQI sources as a potential moderator.

Ergebnisse / Results

Especially variables which cause a need for new information, such as a changing health status or dissatisfaction with the previous physician affect PQI use. This is supported by the estimates from the survey experiment. The availability of enough physician choice options seems to play an important role for PQI use in general. We cluster relevant determinants of PRW use into three broad groups (digital literacy, social networks, subjective reliability). A very similar pattern can be found for the potential use of hypothetical statutory PQI sources, with especially subjective reliability of the source playing an important role.

Zusammenfassung / Conclusion

Our findings help in understanding underlying processes of PQI use and can assist the introduction of a targeted, objective high-quality feedback system in the outpatient sector. Targeting older patients might be especially effective if such a source succeeds in communicating the objective high-quality of the information to increase subjective reliability. Additionally, targeting patients with changing needs concerning the health system and providing information in a way that they reach patients with low digital literacy and small social networks might be helpful.


Authors
Juliane Hennecke, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg
Julia Lindmeyr, Institute for Medical Information Processing, Biometry, and Epidemiology, LMU Munich
Michael Laxy, Technical University of Munich
Sara Pedron, Technical University of Munich
Annette Peters, Institute of Epidemiology, Helmholtz Zentrum München
Margit Heier, KORA Study Centre, University Hospital of Augsburg
Jeannette Brosig-Koch, Otto-von-Guericke Universität Magdeburg
Lars Schwettmann, Carl von Ossietzky University Oldenburg