Kurzvortragssession

Evaluationsstudien und Vergütung

Vorträge

„App auf Rezept“ – Wege in die Versorgung für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)
Rikea Harms, Ecker + Ecker GmbH
Johannes Klaus, Ecker + Ecker GmbH

Einleitung / Introduction

Das gesetzliche Minimum und die tatsächlichen Anforderungen – ein systematischer Abgleich Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz hat der Gesetzgeber einen Versorgungsanspruch mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) für gesetzlich Versicherte geschaffen. DiGA sind Medizinprodukte der Risikoklasse I oder IIa, deren wesentliche Wirkung über digitale Funktionen erzielt wird und die zur Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten dienen. Um dauerhaft in das DiGA-Verzeichnis des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgenommen und damit erstattungsfähig zu werden, ist das Durchlaufen eines Prüfverfahrens beim BfArM notwendig, in dem der Hersteller der DiGA positive Versorgungseffekte nachweisen muss. Alternativ ist auch die vorläufige Aufnahme zur Erprobung möglich, bei der die DiGA für ein Jahr erstattet wird und innerhalb dieser Frist positive Versorgungseffekte nachgewiesen werden müssen, um dann dauerhaft aufgenommen zu werden. Als Nachweis sieht die DiGA-Verordnung (DiGAV) als gesetzliches Minimum eine retrospektive Beobachtungsstudie vor. In Anbetracht der von der Zulassung und der Nutzenbewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten her bekannten Anforderungen an die Evidenz ist jedoch zu erwarten, dass die Standards in der Praxis auch bei DiGA höher liegen. Die Analyse untersucht, auf welche Weise die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Evidenz von DiGA durch die bislang gelisteten Anwendungen umgesetzt werden. Bewertet wird dabei auch der Einfluss der folgenden Faktoren: 1. Verfahrenstyp 2. Art der DiGA (Diagnostik, Monitoring oder therapeutische Wirkung) 3. Zugelassene Indikation 4. Art des positiven Versorgungseffektes 5. Zugang zur App für Versicherte bzw. Erstattung durch Krankenkassen vor Aufnahme in das Verzeichnis

Methode / Method

Sichtung und systematische Auswertung der vorgelegten oder im Rahmen der Erprobung vorzulegenden Evidenz der zwischen 25.09.2020 und 31.01.2021 im DiGA-Verzeichnis gelisteten Apps kategorisiert nach den obigen Faktoren 1. bis 5.

Ergebnisse / Results

Bis zum 15.11.2020 wurden 5 DiGA in das Verzeichnis aufgenommen, davon 2 dauerhaft und 3 vorläufig. Alle dauerhaft und alle vorläufig aufgenommenen DiGA legen mindestens eine randomisierte, kontrollierte Studie (RCT) als Nachweis der positiven Versorgungseffekte vor, also eine deutlich höhere Evidenzstufe als das gesetzlich verlangte Minimum. Insbesondere zeigt sich für vorläufig aufgenommene DiGA, dass selbst wenn bereits eine retrospektive vergleichende Studie existiert, zusätzlich eine höhere Evidenz mittels RCT und Meta-Analysen generiert werden soll.


AutorInnen
Dr. Claudia Pütz, Ecker + Ecker GmbH
Dr. Johannes Klaus, Ecker + Ecker GmbH
Rikea Harms, Ecker + Ecker GmbH
Durchgeführte und versäumte Pflege in einem Deutschschweizer Akutspital und deren Zusammenhang mit pflegesensitiven Patientenergebnissen
Christine Hübsch, Universität Witten/Herdecke; Universitätsspital Zürich

Einleitung / Introduction

Es ist bekannt, dass notwendige Pflegeinterventionen im Akutspital wiederholt unvollständig durchgeführt werden. Dies kann zur Nichterreichung erwünschter Ergebnisse oder zu negativen pflegesensitiven Patienten- und Pflegendenergebnissen führen. Bedenken im Zusammenhang mit Pflegepersonalmangel und Systemänderungen haben im letzten Jahrzehnt das Bewusstsein für unvollständig durchgeführte Pflege erhöht. International sind mehrere Messinstrumente zu deren Erfassung bekannt. Wir haben einen Amerikanischen Fragebogen auf Deutsch übersetzt und für unser Arbeitsumfeld angepasst. Dieser umfasst 16 Pflegeinterventionen, welche anhand einer 5-teiligen Antwortskala zwischen durchgeführt und versäumt eingeschätzt werden. Im Rahmen eines multizentrischen Forschungsprojektes zur Monitorisierung von Faktoren der Arbeitsumgebungs- und Pflegequalität haben wir den neuen Fragebogen eingesetzt. Das Ziel dieses Posters ist aufzuzeigen welche Muster sich in der Antwortverteilung von drei unterschiedlichen medizinischen Fachbereichen gezeigt haben und in welchem möglichen Zusammenhang durchgeführte und versäumte Pflege mit den pflegesensitiven Patientenergebnissen Sturz und Dekubitus steht.

Methode / Method

Die Datenerhebung fand in einem Schweizer Universitätsspital satt. Im November und Dezember 2019 luden wir 1387 Pflegefachpersonen und Hebammen per Mail zur Online-Befragung ein. Die Sturz- und Dekubitusprävalenz wurde im Rahmen der jährlichen Messung durch den nationalen Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken «ANQ» auf Abteilungsebene erhoben. Wir haben die Daten deskriptiv analysiert sowie Korrelationsanalysen durchgeführt.

Ergebnisse / Results

Den Fragebogen haben insgesamt 696 Pflegefachpersonen und Hebammen ausgefüllt. Anhand der Antwortverteilungen haben wir drei Fachbereiche gebildet: Medizin/Chirurgie (n=304), Intensivstationen (IPS)/Intermediate Care (IMC) (n=253) und Frau/Kind (n=139). Neben den unterschiedlichen Antwortverteilungen sind Muster in Bezug auf häufig durchgeführte oder versäumte Pflegeinterventionen und deren Zusammenhang mit pflegesensitiven Patientenergebnissen erkennbar. Beispielsweise werden im Bereich IPS/IMC «Pflegeanamnese» und «Pflegeplanung» auffallend häufig versäumt; gleichzeitig ist ein positiver Zusammenhang zwischen dem Versäumen dieser Interventionen und der Dekubitusprävalenz erkennbar. Die Erkenntnisse stellen wir grafisch dar.

Zusammenfassung / Conclusion

Wir haben in einem Schweizer Akutspital mit einem neu entwickelten Fragebogen durchgeführte und versäumte Pflege erfasst. Mit diesem Poster zeigen wir Muster in der Antwortverteilung zwischen drei medizinischen Fachbereichen sowie deren Zusammenhang mit pflegesensitiven Patientenergebnissen auf. Diese geben Führungspersonen Hinweise für Versorgungsentscheidungen, um die Sturz- und Dekubitusprävalenz gezielt zu beeinflussen.


AutorInnen
Christine Hübsch, Universität Witten/Herdecke; Universitätsspital Zürich
Michael Kleinknecht-Dolf, Universitätsspital Zürich
Rebecca Spirig, Universität Witten/Herdecke; Universität Basel
Kosteneffizienz der RFA-Sprechstunde bezüglich Präsentismus und medikamentöser Therapie bei Patienten mit rheumatoider Arthritis
Juliana Rachel Hoeper, Leibniz Universität Hannover, CHERH; Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Rheumatologie und Immunologie

Einleitung / Introduction

Bei der rheumatoiden Arthritis (RA) handelt es sich um ein komplexes Krankheitsbild mit hohem Versorgungsaufwand. Jedoch besteht eine Unterversorgung, die zu einer suboptimalen Therapiezielerreichung führt. Um die Patienten adäquat versorgen zu können, erfordert es ein multidisziplinäres Team aus ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern, wie medizinische Fachangestellte (MFA). Nur durch ausführliche Patientengespräche können Auswirkungen der Erkrankung auf andere Lebensbereiche entdeckt werden, für die meist im Versorgungsalltag keine Zeit ist. Die Arbeitsfähigkeit kann z.B. erheblich beeinträchtigt werden. Studien zeigen, dass der Anteil der Mitarbeiter die krank zur Arbeit gehen hoch ist (50-65%). Durch diesen Präsentismus gefährden sie nicht nur ihre Gesundheit, sondern stellen auch einen Kostenfaktor für Unternehmen und Gesellschaft dar. Präsentismus kostet die deutsche Wirtschaft weitaus mehr als Absentismus.

Methode / Method

Das übergeordnete Ziel dieses prospektiven, multizentrischen RCTs ist, zu untersuchen ob eine RFA bei Patienten mit einer seropositiven RA eine vergleichbare Versorgungsqualität über 12 Monate erreicht (Interventionsgruppe, IG) wie der Versorgungsstandard (Kontrollgruppe, KG). Diese Arbeit untersucht die Veränderung des Präsentismus über die Zeit (Baseline, Monat 6, Monat 12) anhand des WPAI. Zusätzlich wird die medikamentöse Therapie in beiden Gruppen verglichen.

Ergebnisse / Results

Rekrutiert wurden 236 Patienten und in acht Zentren 1:1 auf die IG oder KG randomisiert. Das Durchschnittsalter liegt bei 57,6 Jahren, 75% sind weiblich. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer beträgt 121 Monate (SD ± 131), der mittlere DAS28 liegt bei 4,4 (SD ± 1,28). 111 (47%) Patienten sind berufstätig, 33 (35%) haben krankheitsbedingt gefehlt. Von denen, die im Zeitraum der Befragung tatsächlich gearbeitet haben (n=96), wurde bei 52,1% Präsentismus festgestellt. Als Prädiktoren festgestellt wurden der RAID-Score (RA Impact of Disease) und die Krankheitsaktivität (DAS28). Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen der IG und der KG hinsichtlich der Baseline Charakteristika oder der Umstellung auf eine Biologika-Therapie im Studienverlauf.

Zusammenfassung / Conclusion

Die Baselinedaten stimmen mit vorherigen Studien bezüglich des hohen Aufkommens von Präsentismus überein. Die Sprechstunde bietet jedoch häufig nicht genügend Zeit um Präsentismus überhaupt entdecken und entgegenwirken zu können. Da die Krankheitsaktivität sowie deren Auswirkungen als Prädiktoren für Präsentismus gefunden wurden scheint die suboptimale Erreichung von Therapiezielen Präsentismus noch zu bestärken. Zusätzlich zu den Problemen für das Individuum sind die damit verbundenen Kosten für die Gesellschaft hoch. Aus ökonomischer Sicht lässt sich sagen, dass die Therapiekosten in der KG nicht höher sind als in der IG.


AutorInnen
Juliana Rachel Hoeper, Leibniz Universität Hannover, CHERH; Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Rheumatologie und Immunologie
Jan Zeidler, Leibniz Universität Hannover, Institute of Health Economics und Center for Health Economics Research Hannover (CHERH)
Sara Eileen Meyer, Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Rheumatologie und Immunologie und Regionales Kooperatives Rheumazentrum
Dirk Meyer-Olson, Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Rheumatologie und Immunologie und m&i Fachklinik Bad Pyrmont
Kirsten Hoeper, Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Rheumatologie und Immunologie und Regionales Kooperatives Rheumazentrum
Finanzielle Auswirkungen der unterschiedlichen Vergütungssysteme für Ärzte in der ambulanten Versorgung
Sonja Hagemeister, Wissenschaftliches Institut der PKV

Einleitung / Introduction

Die ärztliche Versorgung im ambulanten Sektor ist in der aktuellen Legislaturperiode im Blickpunkt der Politik. Einen Schwerpunkt der Diskussion liefert dabei die unterschiedliche Vergütung der Ärzte. Während bei der Behandlung von Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Sachleistungsprinzip über die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgerechnet wird, erfolgt bei Privatversicherten eine Abrechnung nach dem Kostenerstattungsprinzip nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Es gilt die finanziellen Auswirkungen der unterschiedlichen Vergütungssysteme für die Ärzte zu quantifizieren.

Methode / Method

Die ärztliche Vergütung für Privatversicherte wird auf Grundlage der Kopfschadenstatistik und der Personenstatistik der Privaten Krankenversicherung (PKV) berechnet. Basis der GKV-Berechnungen sind die Daten des Bundesamtes für Soziale Sicherung, die im Rahmen des Risikostrukturausgleiches (RSA) Daten ermitteln. Zur Berechnung der Vergütungsunterschiede erfolgt eine direkte alters- und geschlechtsabhängige Zuordnung der Kopfschadenprofile zu den RSA-Daten. Um die Vergütungsunterschiede aufzuzeigen wird ermittelt, wie hoch die Vergütung für Privatversicherte wäre, wenn sie nach den gleichen Vorgaben und Regularien wie gesetzlich Versicherte abgerechnet und versorgt würden. Die Grundlage bilden die Daten des Jahres 2018.

Ergebnisse / Results

Die Ausgaben der Privatversicherten für ambulant-ärztliche Leistungen wurden mit 11,42 Mrd. € berechnet. Würden die Privatversicherten nach GKV-Regularien abgerechnet, ergäben sich Ausgaben in Höhe von 5,29 Mrd. €. Für niedergelassene Ärzte ergeben sich damit durch die Existenz der PKV Mehreinnahmen in Höhe von 6,14 Mrd. €. Von den PKV- und GKV-Einnahmen der niedergelassenen Ärzte entfallen 22,5% auf Privatversicherte, bei einem Bevölkerungsanteil von 10,5%. Die höheren Einnahmen der Ärzte bei Privatversicherten erklären sich unter Heranziehung anderer Studien, u.a. von Niehaus (2009) in erster Linie als ein Resultat eines Preiseffekts. Es zeigt sich, dass der Mengeneffekt eine untergeordnete Rolle spielt.

Zusammenfassung / Conclusion

In der ambulant ärztlichen Vergütung für GKV-Versicherte ist eine Reihe von Mechanismen zur Mengen- und Preissteuerung installiert. Diese Regularien sorgen für ein niedrigeres Vergütungsniveau der Ärzte bei der Behandlung von GKV-Versicherten im Vergleich zur Behandlung von Privatversicherten. Der ermittelte Vergütungsunterschied stellt sogar eine Unterschätzung dar, da nicht eingereichte Rechnungen der PKV-Versicherten sowie Zuzahlungen gesetzlich Krankenversicherter bei den Berechnungen nicht berücksichtigt werden konnten.


AutorInnen
Sonja Hagemeister, Wissenschaftliches Institut der PKV
Frank Wild, Wissenschaftliches Institut der PKV