Vortragssitzung

Evaluation von Gesundheitsleistungen 2

Vorträge

STADPLAN – Auswirkungen einer Advance Care Planning Intervention auf die Versorgungspräferenzen ambulant pflegebedürftiger, älterer Menschen in Deutschland
Julia Jaschke, Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsökonomik und Versorgungsforschung, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, Schumpeter School of Business and Economics, Bergische Universität Wuppertal, Deutschland

Einleitung / Introduction

In der Cluster-randomisierten kontrollierten, BMBF-geförderten Studie STADPLAN wurden die Auswirkungen einer Advance Care Planning (ACP)-Intervention auf ältere, zuhause lebende pflegebedürftige Menschen untersucht. Die komplexe Intervention bestand u.a. aus Gesprächen, die durch für ACP geschulte Pflegefachpersonen geführt wurden. Begleitend zur Wirksamkeitsprüfung und Prozessevaluation wurden die gesundheitsökonomischen Auswirkungen der Intervention, u.a. auf die Versorgung am Lebensende untersucht [1]. Da bei vielen Teilnehmenden das Lebensende außerhalb der Projektlaufzeit liegt, erfolgt eine erste Folgenabschätzung auf Basis hypothetischer Szenarien (HS) durch Ermittlung der Versorgungspräferenzen (VP) [1]. Die dargestellten Analysen konzentrieren sich auf ausgewählte psychometrische Eigenschaften der HS sowie die Frage, ob sich die VP der Befragten durch die Intervention verändert haben.

Methode / Method

Das Instrument umfasst fünf HS sowie ein Item zur allgemeinen VP und orientiert sich an internationalen Instrumenten (z. B. The Medical Directive [2]). Die HS wurden bei einer Gelegenheitsstichprobe der Studie zu T0 (Baseline) und T2 (nach 12 Monaten) erhoben. Erwartet wurden Veränderungen der VPen von T0 zu T2. Es wurden Präferenz-Scores (PS) der HS und Behandlungen bestimmt (Wertebereich: 0 - 20; höhere Werte = stärkere VP für Behandlungen) und sowohl deskriptiv als auch hypothesenprüfend ausgewertet. Zusätzlich wurden die interne Konsistenz und die Übereinstimmungs-Validität betrachtet.

Ergebnisse / Results

Insgesamt wurden 82 Personen befragt. Nach Plausibilitätskontrolle und Datenbereinigung wurden je Szenario bis zu 72 (T0) bzw. 51 (T2) Fälle eingeschlossen. Deskriptiv zeigte sich für die Interventionsgruppe (IG) bei allen PS eine Reduktion von T0 zu T2 (X̅ = -1,75, SD = 0,85), was eine gesunkene Präferenz für Behandlungen bedeutet. Für die Kontrollgruppe (KG) konnte kein einheitlicher Trend beobachtet werden (X̅ = 0,87, SD = 0,91). IG und KG unterschieden sich statistisch nicht signifikant. Cronbachs α der Skalen lag zwischen 0,718 und 0,962. Teilnehmende, die ein längeres Leben mit ggf. gesundheitlichem Problem (allgemeines VP) bevorzugten, hatten im Vergleich zu den übrigen Teilnehmenden höhere PS. Ein statistisch signifikanter Zusammenhang dazu zeigte sich bei zwei Szenarien.

Zusammenfassung / Conclusion

Der hohe Lost to Follow-up Anteil führte zu T2 zu einer deutlichen Reduktion der Stichprobe, die dadurch für die Identifikation statistisch signifikanter Unterschiede bzw. Zusammenhänge nicht mehr ausreicht und somit lediglich Trendaussagen zulässt. Die interne Konsistenz der Skalen ist gut. Um zukünftig die VP als möglichen Endpunkt bei der Evaluation von ACP-Interventionen zu nutzen, müssen weitere Untersuchungen mit ausreichend großer Fallzahl durchgeführt werden. Quellen bei der Autorin


AutorInnen
Julia Jaschke, Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsökonomik und Versorgungsforschung, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, Schumpeter School of Business and Economics, Bergische Universität Wuppertal, Deutschland
Rieke Schnakenberg, Department für Versorgungsforschung, Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Deutschland
Henriette Langner, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland
Änne Kirchner, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland
Almuth Berg, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland
Katharina Silies, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universität zu Lübeck, Deutschland
Falk Hoffmann, Department für Versorgungsforschung, Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Deutschland
Gabriele Meyer, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland
Sascha Köpke, Institut für Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät, Universität zu Köln, Deutschland
Juliane Köberlein-Neu, Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsökonomik und Versorgungsforschung, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, Schumpeter School of Business and Economics, Bergische Universität Wuppertal, Deutschland
Gesundheitsökonomische Evaluation von Koordinationsstellen zur frühzeitigen Diagnose und Behandlung von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen
Juliana Rachel Hoeper, Leibniz Universität Hannover, Institut für Versicherungsbetriebslehre und Center for Health Economics Research Hannover (CHERH)

Einleitung / Introduction

Das primäre Ziel des Projektes Rheuma-VOR ist die frühzeitige Diagnose und Behandlung von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen durch die Etablierung von Koordinationsstellen. Zur gesundheitsökonomischen Evaluation wurde in einer nicht-randomisierten prospektiven Studie untersucht, wie sich die neue Versorgungsform auf die Kosten der Behandlung sowie die Krankheitskosten auswirkt. Untersucht wird insbesondere, ob durch die schnellere Behandlung durch einen Rheumatologen eine kostenintensive Biologika-Therapie weniger häufig oder später eingesetzt wird, ob Krankenhausaufenthalte rückläufig sind und positive Effekte auf die Arbeitsfähigkeit abgeleitet werden können.

Methode / Method

Die Daten aus der Rheuma-VOR-Interventionsgruppe (IG) wurden zur Projektion der mittelfristigen Kosten sowie der Outcomes zu Visite 1 (V1) und Visite 2 (V2) (12 Monate) mit denen einer Kontrollgruppe (KG) aus dem Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) Berlin verglichen. Die Studie lief zwischen dem 01.07.2017 und dem 31.03.2021. Zur Erfassung der direkten und indirekten Kosten sowie des Nutzens der zu implementierenden Versorgungsstrukturen wurden sowohl in der IG als auch in der KG relevante Parameter erhoben und ausgewertet. Es wurde ein Matching der IG und der KG anhand der Variablen Alter, Geschlecht, Hauptdiagnose und Anzahl der Visiten durchgeführt.

Ergebnisse / Results

Auf Basis des Fallkontrollabgleichs, wurden zu V1 insgesamt 2.790 Personen (1.395 je Gruppe) und zu V1 insgesamt 1.178 Personen (589 je Gruppe) eingeschlossen. Es konnte gezeigt werden, dass in der IG zu V1 weniger Personen eine Biologikatherapie verschrieben bekommen haben als in der KG (p<.001). Zu V2 ist dieser Unterschied allerdings nicht mehr signifikant (p=0,743). Während zu V1 kein Unterschied in der Anzahl der zu dem Zeitpunkt der Erhebung krankgeschriebenen Personen bestand (p=0,954), waren zu V2 weniger Personen in der Rheuma-VOR-Kohorte krankgeschrieben (p<,001). Die durchschnittliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit unterscheidet sich nicht (p= 0,446). Es haben sowohl zu V1 (p <.001) als auch zu V2 (p = .002) weniger Personen in der IG angeben in den letzten 12 Monaten stationär im Krankenhaus gewesen zu sein als in der DRFZ Kohorte. Die durchschnittlichen Kosten je Patient in der IG waren zu V1 um 2.036€ geringer und zu V2 um 1.067€ geringer als in der KG. Insgesamt wurde somit zu V1 eine Einsparung von 2.839.544€ und zu V2 von 628.702€ erreicht.

Zusammenfassung / Conclusion

Eine Etablierung von Koordinationsstellen führt zu verzögertem Biologikaeinsatz, verbesserter Arbeitsfähigkeit sowie weniger Krankenhausaufenthalten und den damit verbundenen Kosteneinsparungen. Im nächsten Schritt werden die Kosten einer flächendeckenden Implementierung in die Regelversorgung berechnet und den Einsparungen gegenübergestellt.


AutorInnen
Juliana Rachel Hoeper, Leibniz Universität Hannover, Institut für Versicherungsbetriebslehre und Center for Health Economics Research Hannover (CHERH)
Marlon Grodd, Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Biometrie und Statistik
Johanna Callhoff, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum, Berlin
Matthias Dreher, Schwerpunkt Rheumatologie und klinische Immunologie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Andreas Schwarting, Universitätsklinikum Mainz und ACURA Rheumazentrum Rheinland-Pfalz AG, Bad Kreuznach
Jan Zeidler, Leibniz Universität Hannover, Institute of Health Economics und Center for Health Economics Research Hannover (CHERH)
Kosteneffektivität der nicht-invasiven telemedizinischen Mitbetreuung von Patienten mit Herzinsuffizienz: eine gesundheitsökonomische Analyse der TIM-HF2-Studie
Hanna Sydow, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Charité-Universitätsmedizin Berlin

Einleitung / Introduction

Im Rahmen der Studie TIM-HF2 konnte gezeigt werden, dass durch nicht-invasive telemedizinische Mitbetreuung bei Patienten mit Herzinsuffizienz (HF) sowohl die verlorenen Tage aufgrund von ungeplante kardiovaskuläre Krankenhauseinweisungen als auch die Gesamtmortalität reduziert werden kann. Im Fokus des vorliegenden Beitrags stehen die gesundheitsökonomischen Implikationen dieser Ergebnisse aus Perspektive der gesetzlichen Krankenkassen.

Methode / Method

Insgesamt 1.538 Teilnehmer wurden im Rahmen der randomisiert, kontrollierten und multizentrischen TIM-HF2-Studie der Telemedizingruppe und der Kontrollgruppe zugewiesen. Für 94,3 % (gesamt 1.450 Teilnehmer; n=715 Telemedizingruppe, n=735 Kontrollgruppe) der ursprünglichen TIM-HF2-Patientenpopulation waren Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen verfügbar. Diese Daten wurden mit Primärdaten aus der Studiendokumentation verknüpft und hinsichtlich der Behandlungskosten aus Perspektive der gesetzlichen Krankenkassen und der Gesamtkosten (unter Berücksichtigung der Interventionskosten) analysiert. Sekundäre Zielparameter waren die Kosten pro Tag lebend und außerhalb des Krankenhauses und die Kosten pro qualitätsadjustiertem Lebensjahr (QALY).

Ergebnisse / Results

Die durchschnittlichen Behandlungskosten pro Patientenjahr beliefen sich auf 14.412 € (95% CI: 13.284-15.539 €) in der Telemedizingruppe und 17.537 € (95 % CI: 16.179-18.894 €) in der Kontrollgruppe. RPM führte zu Kosteneinsparungen bei den Behandlungskosten von 3.125 € pro Patientenjahr (p=0,001). Nach Einbeziehung der Interventionskosten ergab sich eine Kosteneinsparung von 1.758 € pro Patientenjahr (p=0,048).

Zusammenfassung / Conclusion

Die zusätzliche nicht-invasive telemedizinische Mitbetreuung von Patienten mit Herzinsuffizienz war im Vergleich zur alleinigen Standardbehandlung kosteneffektiv, da die Intervention mit Kosteneinsparungen und einer besseren klinischen Wirksamkeit verbunden war.


AutorInnen
Hanna Sydow, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Charité-Universitätsmedizin Berlin