Vortragssitzung

Telemedizin

Vorträge

Determinants of telemedicine use during the COVID-19 pandemic: Longitudinal evidence from the German Aging Survey.
Ariana Neumann, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Einleitung / Introduction

In the course of the COVID-19 pandemic, telemedicine services represented a widely implemented alternative to in-person doctor and therapist appointments. Consequently, utilization rates rapidly increased worldwide, also in Germany. Research regarding determinants of telemedicine use is required, especially from nationally representative German samples, to improve the understanding of the use behavior of major target groups such as middle- and older aged adults. Therefore, this study aimed to identify determinants of telemedicine use among middle-and older aged individuals during the COVID-19 pandemic in Germany.

Methode / Method

Nationally representative longitudinal data of German middle and older aged adults were taken from the German Aging Survey (DEAS). Data from the compact survey 2 (conducted between June and July 2020; n = 4,823) and wave 7 (conducted between November 2020 and March 2021; n = 5,402) of DEAS were observed. Having experienced consultations with doctors or therapists on online platforms served as outcome measure. Associations with socioeconomic, health- and health behavior-related, psychological, and COVID-related determinants were tested using random effects logistic regressions.

Ergebnisse / Results

Having had online consultations with doctors or therapist was positively associated with high education (OR 1.41, 95% CI 1.04-1.90, p = .025) and poor self-rated health (OR 1.68, 95% CI 1.35-2.08, p < .001), whereas it was negatively associated with engaging in physical activities less often (OR 0.51, 95% CI 0.30-0.87, p = .014). Moreover, psychological determinants including higher loneliness (OR 1.41, 95% CI 1.05-1.91, p = .024) and life satisfaction (OR 1.32, 95% CI 1.02-1.72, p = .036) as well as perceiving the Corona crisis as a greater personal threat (OR 1.08, 95% CI 1.01-1.15, p = .019) had a positive relationship with telemedicine use.

Zusammenfassung / Conclusion

Study findings emphasized the longitudinal association of education, psychological and health factors with telemedicine use of middle- and older aged individuals during the COVID-19 pandemic in Germany. This knowledge may help to improve and adapt services to major target groups, which could contribute to higher utilization rates in the future. Future studies are needed to verify these initial findings in post-pandemic circumstances.


AutorInnen
Ariana Neumann, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Hans-Helmut König, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
André Hajek, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Erfahrungen und Präferenzen GKV-Versicherter zum Einsatz von Videosprechstunden in der ambulanten ärztlichen Versorgung: eine Befragung mit Discrete Choice Experimenten
Lara Kleinschmidt, Universität Duisburg-Essen

Einleitung / Introduction

Obwohl der Einsatz von Videosprechstunden (VS) mit Vorteilen für die Versicherten verbunden sein kann, werden sie im Versorgungsalltag bisher nur wenig genutzt. Mit einer Befragung im Rahmen des Innovationsfondsprojektes PräVi (01VSF20011) sollen Potentiale und bestehende Barrieren sowie entsprechende Präferenzen für die Nutzung der VS von Versicherten in städtischen und ländlichen Regionen identifiziert werden.

Methode / Method

Um die Präferenzen zu ermitteln, wurde eine Befragung mit einem Discrete-Choice-Experiment (DCE) entwickelt. Vorbereitend wurden eine systematische Literaturrecherche und Fokusgruppeninterviews durchgeführt. Der Fragebogen besteht aus drei Abschnitten: Erfahrungen und Einstellungen zur VS, Präferenzerhebung mittels DCE, soziodemographische und gesundheitsbezogene Daten. Für das DCE wurden fünf Attribute mit jeweils drei Leveln genutzt (möglicher Zeitraum für die VS, Wartezeit bis zur VS, Wartezeit im digitalen Wartezimmer, Möglichkeit der Arztwahl, maximale Terminzeit). Es wurde ein fraktioniertes faktorielles d-optimales Design mit 16 Choice-Sets unterteilt in zwei Blöcke konzipiert. Die Verteilung der Befragungsunterlagen erfolgte durch drei Krankenkassen an 33.816 zufällig ausgewählte Versicherte in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin oder Westfalen-Lippe. Zur Analyse werden sowohl deskriptive Verfahren als auch logistische Regressionsanalysen durchgeführt. Für die Hauptanalyse des DCE wird ein hierarchisches Bayes'sches Modell genutzt.

Ergebnisse / Results

Der Fragebogenrücklauf beträgt 14 % (n = 4.715). Obwohl 75 % (n = 3.132) der befragten Versicherten Interesse an der Nutzung der VS zeigen, haben nur 7 % (n = 302) jener diese bisher genutzt. Unter den Nicht-Nutzern geben 88,3 % an, dass das fehlende Angebot die größte Hürde darstellt. Weitere relevante hindernde Faktoren sind Bedenken bei der Qualität der ärztlichen Versorgung (33,8 %) sowie beim Datenschutz (24,6 %) und dass VS als anstrengend empfunden werden (17,4 %). Bei den Präferenzen zur Ausgestaltung der VS ist für die Versicherten das wichtigste Attribut die Wartezeit bis zur Videosprechstunde (mittlere Wichtigkeit = 41,8 %). Ebenfalls von Bedeutung ist, dass die Gesprächsdauer zeitlich unbegrenzt (mittlere Wichtigkeit = 23,8 %). Bei Betrachtung der Präferenzen zwischen Regionstypen bestehen keine relevanten Unterschiede.

Zusammenfassung / Conclusion

Um die ambulante ärztliche Versorgung mit dem Einsatz von VS sinnvoll zu ergänzen, sollten diese in der Ausgestaltung den Präferenzen der Versicherten entsprechen. Relevante Faktoren sind kurze Wartezeiten und wenig Einschränkungen der Gesprächsdauer. Da Versicherte Interesse an der Nutzung der VS zeigen, diese aber wenig angeboten zu werden scheint, sind weitere Untersuchungen auf Seiten der Leistungserbringenden von Bedeutung.


AutorInnen
Anke Walendzik
Jürgen Wasem, Universität Duisburg-Essen
Carsten Schwenke, SCO:SSiS, Schwenke statistical consulting
Susanne Schwenke, SCO:SSiS, Schwenke statistical consulting
Udo Schneider, Techniker Krankenkasse
Anja Wadeck, Techniker Krankenkasse
Sephanie Sehlen, AOK Nordost
Sebastian Liersch, AOK Nordost
Katharina Schwarze, AOK NordWest
Franziska Pankoke, AOK NordWest
Theresa Hüer, Universität Duisburg-Essen
Wie kann die humangenetische Beratung durch Telemedizin besser organisiert werden? Eine Analyse des Zeiteinsatzes in der humangenetischen Beratung innerhalb des OnkoRiskNET-Projekts
Sonja Gscheidle, inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH, Berlin, Deutschland
Matthias Arnold, inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH, Berlin, Deutschland

Einleitung / Introduction

Die humangenetische Beratung ist entscheidend für die Identifizierung von Patient*innen mit Tumorrisikosyndrom. Ein Hindernis der Inanspruchnahme von humangenetischer Beratung sind die begrenzten zeitlichen Ressourcen der Ärzt*innen. Die durch den Innovationsfonds geförderte OnkoRiskNET-Intervention (01NVF20009) zielt darauf ab, die telemedizinische humangenetische Beratung zu erproben und den Arbeitsaufwand der Humangenetiker*innen durch den Einsatz von Fallmanager*innen zu reduzieren. Wir präsentieren erste Analysen des Zeiteinsatzes in der telemedizinischen humangenetischen Beratung im Vergleich zur Beratung in der Regelversorgung.

Methode / Method

In die multizentrische, randomisierte, kontrollierte OnkoRiskNET-Studie werden zwischen Juli 2021 bis März 2025 Patient*innen aus 26 beteiligten onkologischen Praxen in Niedersachen und Sachsen rekrutiert. Patient*innen werden zufällig entweder der Regelversorgung oder einer neuen Versorgungsform mit strukturierten Behandlungspfaden, Fallmanagement und telemedizinischer humangenetischer Beratung zugewiesen. In beiden Versorgungsformen wird der zeitliche Aufwand der Leistungserbringer mithilfe selbst ausgefüllter Zeiterfassungsbögen dokumentiert. Die hieraus entstehenden Zeitaufwendungen werden im Vergleich analysiert. Um die ökonomischen Auswirkungen zu beurteilen, werden die erfassten Zeiten mit durchschnittlichen Tarifgehältern bewertet.

Ergebnisse / Results

Bisher wurden für 54 Fälle Daten erhoben (Ärzt*innen: n=19; Fallmanager*innen: n=35). Der durchschnittliche Zeiteinsatz in der Vorbereitung bis zum Beratungsgespräch betrug auf ärztlicher Seite 43 Minuten (SD=15,86) in der Interventionsgruppe (IG) und 52 Minuten (SD=11,16) in der Kontrollgruppe (KG) (p=0,18). In der IG dauerte das anschließende Beratungsgespräch durchschnittlich 55 Minuten (SD=15,95), verglichen mit 41 Minuten (SD=10,61) in der KG (p=0,03). Fallmanager*innen in der IG benötigten durchschnittlich 68 Minuten (SD=22,41) für Patientenkontakt und Vorbereitung der Beratung, gegenüber 57 Minuten (SD=22,73) der medizinischen Fachangestellten in der KG (p=0,05). Die geschätzten Kosten des gesamten Zeiteinsatzes bis einschließlich des Gesprächs betragen durchschnittlich 85€ in der IG und 83€ in der KG.

Zusammenfassung / Conclusion

Die vorläufigen Ergebnisse deuten auf verkürzte Vorbereitungszeiten für Ärzt*innen und längere Beratungsgespräche in der telemedizinischen humangenetischen Beratung hin. Zudem substituiert das Fallmanagement die Zeitressourcen von medizinischen Fachangestellten. Aufgrund der geringen Fallzahl sind diese ersten Ergebnisse noch unsicher. Im weiteren Verlauf von OnkoRiskNET werden diese Aspekte mit einer größeren Fallzahl erneut untersucht, um die erhöhte Inanspruchnahme der telemedizinischen humangenetischen Beratung ökonomisch zu beurteilen.


AutorInnen
Sonja Gscheidle, inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH, Berlin, Deutschland
Matthias Arnold, inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH, Berlin, Deutschland
Beate Vajen, Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
Caroline Scholz, Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
Christian Landgraf, Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
Petra Anders, Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
Scarlett Winterfeld, Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
Paula Memenga, Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Hannover, Deutschland
Eva Baumann, Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Hannover, Deutschland
Sarah Wölffling, Institut für Klinische Genetik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Dresden, Deutschland
Judith Böthig, Institut für Klinische Genetik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Dresden, Deutschland
Evelin Schröck, Institut für Klinische Genetik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Dresden; ERN GENTURIS, Zentrum für seltene familiäre Tumorerkrankungen, Dresden; Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC), Dresden, Deutschland
Brigitte Schlegelberger, Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
Johanna Tecklenburg, Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
Anke Katharina Bergmann, Institut für Humangenetik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
Präferenzgerechter Einsatz von Videosprechstunden in der ambulanten ärztlichen Versorgung: Ergebnisse einer Befragung von ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungserbringenden
Theresa Hüer, Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen

Einleitung / Introduction

Vor allem in ländlichen Regionen erschweren Faktoren wie eine geringere Arztdichte und lange Anfahrtswege eine angemessene ambulante ärztliche Versorgung. Aber auch in städtischen Regionen können zunehmende Wartezeiten zu Versorgungsdefiziten führen. Ein potenziell geeignetes Versorgungsmodell zur Verbesserung der Situation ist der Einsatz von Videosprechstunden (VS). Die vorliegende Befragung von ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungserbringenden (LE) ist Teil des Innovationsfondsprojekts PräVi (Förderkennzeichen: 01VSF20011). Ziel ist es, Potenziale und bestehende Barrieren sowie entsprechende Präferenzen für die Nutzung der VS in städtischen und ländlichen Regionen zu identifizieren.

Methode / Method

Zur Präferenzerhebung wird eine Befragung mit einem Discrete-Choice-Experiment (DCE) entwickelt. Vorarbeiten umfassten eine systematische Literaturrecherche und Fokusgruppen, auf deren Basis u.a. relevante Attribute abgeleitet wurden. Der Fragebogen besteht aus drei Abschnitten: Erfahrungen und Einstellungen zur VS, Präferenzerhebung mittels DCE, Angaben zur Person und ärztlichen Profession. Das DCE besteht aus vier Attributen (Beziehung zum Patienten, Vergütung, Unterstützung bei Technikproblemen, angebotener Zeitraum der VS) mit jeweils drei Leveln. Es wurde ein fraktioniertes faktorielles d-optimales Design mit 9 Choice-Sets unterteilt in zwei Blöcke konzipiert. Die Befragung wurden durch die vier teilnehmenden Kassenärztlichen Vereinigungen an alle Mitglieder, die prinzipiell Videosprechstunden erbringen dürfen (N = 31.900), versandt. Zur Analyse werden sowohl deskriptive Verfahren als auch logistische Regressionsanalysen durchgeführt. Für die Analyse des DCE wird ein hierarchisches Bayes'sches Modell genutzt.

Ergebnisse / Results

Der Fragebogenrücklauf beträgt 18 % (n = 5.930). 38 % der befragten LE gaben an, VS zu nutzen; davon überwiegend LE aus dem Bereich der Psychotherapie. Die größten Hürden für die Nutzung von VS sind zu hohe organisatorische und rechtliche Aufwände, fehlende Zeit für VS neben dem regulären Praxisbetrieb und Abrechnungsbegrenzungen durch Quotierungsregelungen. In der DCE-Analyse zeigten sich in den regionalen Präferenzen gegenläufige Effekte: Die Wichtigkeit des Attributes „Beziehung zum Patienten“ nimmt von der Großstadt in Richtung Landgemeinde deutlich an Wichtigkeit zu, wohingegen die „Vergütung im Vergleich zum persönlichen Kontakt“ in der Großstadt das dominierende Attribut darstellt und in Richtung Landgemeinde an Wichtigkeit verliert.

Zusammenfassung / Conclusion

Um die ambulante ärztliche Versorgung mit dem Einsatz von VS sinnvoll zu ergänzen und bislang ungenutzte Potenziale zu entfalten, sollte eine zielgerichtete Einsatzstrategie, die an den tatsächlichen Präferenzen der Beteiligten anknüpft und mögliche Hürden berücksichtigt, entwickelt werden.


AutorInnen
Theresa Hüer, Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen
Anke Walendzik, Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen
Jürgen Wasem, Lehrstuhl für Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen
Carsten Schwenke, SCO:SSiS, Schwenke statistical consulting
Susanne Schwenke, SCO:SSiS, Schwenke statistical consulting
Beatrice Nauendorf, Kassenärztliche Vereinigung Berlin
Matthias Brittner, Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe
Paul Brandenburg, Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein
André Aeustergerling, Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern
Lara Kleinschmidt, Lehrstuhl für Medizinmanagement, Unversität Duisburg-Essen