Vortragssitzung

Ambulante Versorgung

Vorträge

Performance Measurement Framework zur Wirkungsanalyse von Community Health Services
Johannes Kriegel, FH OÖ Studienbetriebs GmbH

Einleitung / Introduction

Die stark auf die kurative und stationäre Patientenversorgung fokussierte Versorgung im österreichischen Gesundheitswesen entwickelt sich aktuell in Richtung eines zunehmend wohnortnahen und niederschwelligen sowie präventionsorientierten Versorgungsangebots. Community Care Ansätze zielen darauf ab die Prävention, Gesundheitsförderung und sozial-gesundheitliche Versorgungssituation zu stärken und zu verbessern. Es stellt sich die Frage: Wie sollte ein Performance Measurement Framework zur Planung, Steuerung und Analyse von Community Health Services zur Versorgungssystemerweiterung der Prävention und Gesundheitsförderung im ländlichen Raum ausgestaltet und genutzt werden?

Methode / Method

Im Rahmen eines 12-stufigen Performance Measurement Framework wurde bzgl. der qualitativen Wirkungsmessung und -analyse ein entsprechendes Konzept entwickelt sowie mögliche Stellhebel und Wirkungsketten mittels Experteninterviews und Fokusgruppenworkshops identifiziert. Hierbei wurden die ersten sechs Schritte: Umwelt- und Systemdarstellung sowie -analyse; Zielidentifikation und -definition; Systemveränderungsbedarf; Wirkungslogik, Ordnungs- und Wirkungsmodell; Performance Measurement; Impact Measurement durchlaufen.

Ergebnisse / Results

Im Rahmen des Performance Measurement Framework wurden über die qualitative Vorgehensweise zum einen ein Erfolgskreislauf Community Health Services (CHS) entwickelt, der als Basis für das weitere Vorgehen und als Orientierung fungiert. Aufbauend wurde ein CHS Health Impact Assessment Canvas (HIAC) als Logic Model zur Systematisierung und Visualisierung der relevanten Zielsetzungen, involvierten Akteure, erfolgenden Aktivitäten und Beziehungen sowie der auftretenden quantitativen und quantitativen sowie kurz, mittel und langfristigen Ergebnisse und Wirkungen entwickelt. Aufbauend wurden 8 beispielhafte CHS-Wirkungsketten im Kontext des HIAC identifiziert und abgegrenzt. Ferner wurden mittels Paarvergleichsmatrix 3 relevante Stellhebel zur Etablierung von CHS identifiziert, beschrieben und konkretisiert.

Zusammenfassung / Conclusion

Ausgehend vom Bedarf zur Stärkung der Prävention und Gesundheitsförderung im ländlichen Raum gilt es, die damit verbunden internen bzw. externen Erfordernisse und Ausgestaltungsmöglichkeiten neuer Community Health Services in der niederschwelligen und wohnortnahen Gesundheitsversorgung zu entwickeln und umzusetzen. Hierzu ist eine aussagekräftige Wirkungsmessung und -analyse erforderlich, die es durch ein Performance Measurement Framework zu unterstützen gilt.


AutorInnen
Johannes Kriegel, FH OÖ Studienbetriebs GmbH
Gesundheitsökonomische Evaluation zum Einfluss psychiatrischer Modellvorhaben bei Menschen mit affektiven Störungen, schizophreniformer Störung und Alkoholstörungen - Ergebnisse der PsychCare-Studie
Roman Kliemt, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig

Einleitung / Introduction

Mit dem 2012 geschaffenen Paragraphen 64b SGB V wurde für psychiatrische Kliniken die Möglichkeit geschaffen, Modellvorhaben zur Verbesserung der Patientenversorgung zu erproben. Anreize für eine flexiblere Behandlung und die Stärkung ambulanter Versorgung sollen dabei durch eine Neugestaltung des Krankenhausbudgets gesetzt werden. Konnte im Rahmen der EVA64-Studie bereits die Kosteneffektivität der Modellversorgung mittels Routinedaten gezeigt werden, bezieht die durch den Innovationsfonds geförderte PsychCare-Studie zusätzlich Primärdaten und somit PROMs in die gesundheitsökonomische Evaluation ein.

Methode / Method

Zur Erfassung des Outcomes der gesundheitsbezogenen Lebensqualität wurde der QWB-SA als standardisierter Fragebogen verwendet. Für die Kostenerhebung wurde auf den CSSRI-D, der auf die Versorgung in den Modellvorhaben angepasst wurde, zurückgegriffen. Die Rekrutierung der Patient:innen erfolgte in 9 zufällig ausgewählten Modellkliniken (IG) und 8 Kontrollkliniken (KG) der Regelversorgung. Dabei wurden (teil-)stationäre und ambulante Patient:innen mit affektiven Störungen, schizophreniformen Störungen oder Alkoholstörungen konsekutiv von Februar 2018 bis September 2019 eingeschlossen (t0). Die Messungen erfolgten zum Zeitpunkt der Rekrutierung sowie nach 9 (t1) und 15 Monaten (t2). Für die Kosten-Nutzwert-Analyse wurden QALYs aus den durch den QWB-SA ermittelten Gesundheitszuständen berechnet. Die Kostenerfassung erfolgte aus einer gesellschaftlichen Perspektive. Zur Bewertung der Effizienz wurde das inkrementelle Kostennutzwertverhältnis berechnet.

Ergebnisse / Results

Zum Zeitpunkt t0 lagen insgesamt 1150 für die Analyse zur Verfügung stehende Fragebögen (51,7% IG; 48,3% KG) vor. Die auswertbaren Rückläufe für t1 sowie t2 betrugen 251 (77,7% IG; 22,3% KG) bzw. 359 Datensätze (60,4% vs. 39,6%). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität lag zu t0 in der IG mit 0,530 signifikant (p<0,001) über der der KG (0,481). Zu t1 und t2 waren diese Werte zwischen IG und KG vergleichbar (t1: IG = 0,573; KG = 0,536; t2: IG = 0,581; KG = 0,586). Bei den Kosten ergaben sich für den Zeitraum von sechs Monaten vor Rekrutierung (t0) gesellschaftliche Kosten in Höhe von 21.200 € je Patient:in in der IG und 23.310 € in der KG (p = 0,058). Auch in t1 und t2 lagen die Kosten für Zeiträume von jeweils einem halben Jahr in der IG unter denen der KG (t1: 12.085 € vs. 14.547 €; p = 0,157; t2: 19.336 € vs. 26.654 €; p=0,093).

Zusammenfassung / Conclusion

Bei der Ergebnisbetrachtung ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der mehrjährig bestehenden Versorgungsstrukturen bereits t0 als Intervention, d.h. Versorgung unter Modellbedingungen in der IG, zu werten ist. Die Ergebnisse deuten somit darauf hin, dass die Versorgung in den Modellvorhaben eine höhere Lebensqualität der Patient:innen bei gleichzeitig geringeren Kosten induziert.


AutorInnen
Tarcyane Barata Garcia, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig
Fabian Baum, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden
Ines Weinhold, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig
Bettina Soltmann, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden
Andrea Pfennig, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden
Jochen Schmitt, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden
Dennis Häckl, Universität Leipzig
Anne Neumann, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden
Routinedatenbasierte Qualitätsindikatoren für die ambulante Versorgung von Cox- und Gonarthrose: Ergebnisse einer Delphi-Befragung.
Tobias Bock, Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie, Technische Universität München

Einleitung / Introduction

Die aktuelle Versorgung von Menschen mit Cox- bzw. Gonarthrose in Deutschland ist geprägt von hohen Implantationsraten von Totalendoprothesen. Eine den Leitlinienempfehlungen gegenläufige bzw. unzureichende Ausschöpfung ambulanter Therapieoptionen wurde bereits in diesem Kontext diskutiert. Qualitätsindikatoren (QIs) können dazu dienen, die Qualität der evidenzbasierten Versorgung von Cox- und Gonarthrose zu messen und transparent darzustellen. Der dadurch im Rahmen von Audit und Feedback ermöglichte Vergleich kann zu einer effektiveren ambulanten Versorgung vor einem möglichen Gelenkersatz führen. Bestehende QI-Sets fokussieren häufig das Entlassmanagement nach der Gelenkersatzoperation und/oder erfordern über die routinemäßig erhobenen Abrechnungsdaten der Krankenkassen hinaus zusätzliche Datenerhebungen. Ein mittels einer systematischen Literaturrecherche entwickeltes routinedatenbasiertes QI-Set für die ambulante Versorgung von Patienten mit Cox- und Gonarthrose wird im Rahmen einer Delphi-Befragung konsentiert.

Methode / Method

Über die Literatursuche wurden Publikationen aus dem Zeitraum 2000 bis 2021 identifiziert, die bereits definierte QIs oder Evidenz zu den ambulanten Therapieoptionen vor einem endoprothetischen Gelenkersatz berichten. Die Studienselektion und -bewertung wurden von zwei unabhängigen Gutachtern durchgeführt. Die dreistufige Delphi-Befragung wird, orientiert an der RAND/UCLA-Methodik, mit einem Panel aus zehn Experten durchgeführt, die an der ambulanten Arthroseversorgung beteiligt sind und welche die QIs basierend auf den Kriterien Relevanz, Verständlichkeit und Praktikabilität bewerten. Vor der Delphi-Befragung wurden die literaturbasierten QIs von zwei Fachbereichsexperten hinsichtlich der Relevanz für das deutsche Gesundheitswesen vorselektiert.

Ergebnisse / Results

Der Literaturexport aus den Datenbanken ergab 10.841 Treffer. Für die Interrater-Reliabilität ergab sich Cohen‘s κ = 0,81. Aus der Literatur wurden insgesamt 28 QIs extrahiert. Infolge der Vorselektion wurden 19 QIs in die erste Abstimmungsrunde der Delphi-Befragung eingebunden. Die ermittelten QIs adressieren insbesondere die Prozessqualität und zielen in ihrer Erfüllung hinsichtlich einer koordinierten Verlaufskontrolle, Diagnostik, Bewegungstherapie, Medikation sowie präoperativer Abläufe auf eine effektive interdisziplinäre Versorgung von Cox- und Gonarthrose ab.

Zusammenfassung / Conclusion

Für die ambulante Behandlung von Cox- und Gonarthrose gibt es bislang nur wenige QIs, von denen die meisten zusätzliche Datenerhebungen erfordern. Das konsentierte QI-Set wird ein unterstützendes Instrument für die Implementierung multiprofessioneller Versorgungspfade bieten, um die Qualität der ambulanten Versorgung und Koordination von Patienten mit Cox- und Gonarthrose zu verbessern.


AutorInnen
Tobias Bock, Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie, Technische Universität München
Ronja Flemming, Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie, Technische Universität München
Philip Bammert, Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie, Technische Universität München
Leonie Sundmacher, Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie, Technische Universität München