Organisierte Sitzung

Versorgungspfade: Von der Forschung in die Anwendung

Versorgungsforschung betrachtet die medizinische Versorgung unter Alltagsbedingungen. Dabei spielen Informationen zum zeitlichen Ablauf der Versorgung sowie zu in großen Populationen erkennbaren Mustern eine wichtige Rolle in der Beurteilung einer bedarfsgerechten und kostenintelligenten Versorgung. Die thematische Relevanz zeigt sich auch an der Ausschreibung des Innovationsfonds in der Versorgungsforschung zum Thema „Patient Journey in der Versorgung“. Darauf Bezug nehmend muss neben einer reinen methodisch-wissenschaftlichen Aufarbeitung auch die Frage der Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Versorgung beantwortet und in die Anwendung überführt werden. Herausforderungen im Rahmen einer Umsetzung von Erkenntnissen aus Versorgungspfaden (auch Behandlungs- oder Versichertenpfade) können in den Bereichen Datenverfügbarkeit, Datenschutz, Datensemantik aber auch hinsichtlich der Akzeptanz von datenbasierenden Versorgungsangeboten liegen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen soll in vier Impulsvorträgen der Frage nachgegangen werden, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen Versorgungspfade für die (Neu-) Gestaltung der Versorgung eingesetzt werden können. Dazu werden folgende Fragestellungen erörtert: Welche Rolle spielen Versorgungspfade für die digitale Transformation der Versorgungsgestaltung durch eine Krankenkasse? Welche Aussage hinsichtlich der Muster in der Inanspruchnahme lassen sich auf Basis von GKV-Abrechnungsdaten treffen? Was bedeutet dies für die digitale Versorgungsgestaltung in der Zukunft und welche Hürden existieren? Welche Voraussetzungen müssen für eine wissenschaftliche Evaluation von Angeboten auf Basis von Pfadanalysen vorliegen? Ist eine Übertragbarkeit von klassischen Methoden der Versorgungsevaluationen möglich? In der anschließenden Podiumsdiskussion werden diese Fragen von Vertretern der gesetzlichen Krankenversicherung und der Versorgungsforschung diskutiert und beleuchtet. Nach kurzen Impulsvorträgen, in denen aus der jeweiligen Fachperspektive eine aktuelle Bestandsaufnahme der Thematik und Arbeitsergebnisse vorgestellt werden, sollen diese nicht nur im Bereich der Forschung, sondern auch der praktischen Anwendung im Fokus stehen. Hierzu soll im Austausch mit den teilnehmenden Kongressbesuchern Fragen der Weiterentwicklung von Pfaden für die Versorgung sowie deren Umsetzbarkeit erörtert werden und mögliche neue thematische sowie methodische Felder erschlossen werden.

Vorträge

Warum braucht eine Krankenkasse Versorgungspfade?
Klaus Rupp, Techniker Krankenkasse

Einleitung

Krankenkassen haben den Auftrag, Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern sowie die Versicherten aufzuklären, zu beraten und auf eine gesunde Lebensführung hinzuwirken. Zur Erfüllung dieser Aufgaben ist eine Kenntnis der Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen zur Beratung der Versicherten notwendig. Auf Basis von Auswertungen der GKV-Abrechnungsdaten lässt sich unter Beachtung datenschutzrechtlicher Rahmenbedingungen die Versorgung der Versicherten weiterentwickeln und innovative Versorgung fördern. Dies geschieht mit dem Ziel, dass die Krankenkasse zum Partner des Versicherten rund um das Thema Gesundheit wird.

Patientenpfade und Versorgungsabläufe aus Routinedaten – Projekt „Pfad“
Amelie Flothow, Technische Universität München

Einleitung

Die freie Arztwahl und Informationslücken zwischen Leistungserbringern führen zu erhöhtem Koordinationsbedarf und möglichen Steuerungsdefiziten, die eine ineffiziente Auslastung von Versorgern bedingen können. Studien deuten darauf hin, dass fehlende Kenntnisse über den Versorgungsverlauf die Patientensicherheit beeinflussen kann. Basierend auf Routinedaten werden in „Pfad“ empirische Patientenpfade relevanter Erkrankungen analysiert und dargestellt. Dazu werden Indikatoren genutzt, die von einem Expertenpanel konsentiert werden. Analytische Methoden (ML, weitere) werden angewandt um typische Inanspruchnahme-Muster zu identifizieren. Erste Ergebnisse der Datenanalyse werden vorgestellt.

Versorgungspfade in der Versorgungspraxis
Kathrin Thöne, Techniker Krankenkasse

Einleitung

Bei der Umsetzung der Ergebnisse von Versorgungspfaden in eine Empfehlung an Versicherte auf Basis von GKV-Routinedaten stellen sich diverse Herausforderungen. Erstens ist datenschutzrechtlich zu prüfen, ob das Aussprechen einer Empfehlung und somit die Nutzung von Versichertendaten aus sozialrechtlicher Sicht zulässig ist. Zweitens gilt es, im Rahmen der Modellierung von Versichertenpfaden, der Prädiktion künftiger Ereignisse und der Selektion betroffener Versicherten immer von neuem durch geeignete Qualitätssicherung die Treffgenauigkeit der Ansprache zu erhöhen. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, wie sich die Effekte einer Empfehlung an die Versicherten messen und evaluieren lassen.

Methodische Aspekte bei der Evaluation von innovativen Versorgungsangeboten auf Basis von empirischen Versorgungspfaden
Jan Zeidler, Center for Health Economics Research Hannover

Einleitung

Bei der wissenschaftlichen Evaluation von Versorgungspfaden ergeben sich eine Reihe spezifischer methodischer Herausforderungen. Um die Effektivität eines Versorgungspfades messen zu können ist eine kontinuierliche Erhebung der Prozess- und Ergebnisqualität erforderlich. Diesem Prozess liegt eine zielgerichtete Definition von geeigneten Indikatoren aus allen beteiligten Sektoren zugrunde. Wichtig bei der Entwicklung von Qualitätsindikatoren ist, dass sie eine Reihe von Anforderungen wie Relevanz, Validität und Reliabilität erfüllen. Bei der Erhebung von sektorübergreifenden Versorgungsdaten sind darüber hinaus spezifische organisatorische und datenschutzrechtliche Hürden zu überwinden.