Organisierte Sitzung

Aktuelle Entwicklungen im Bereich der intersektoralen Versorgungsstrukturen und deren Vergütungsinstrumente

Organisierte Sitzung des DGGÖ Ausschuss Versorgung und Vergütung. Referate und Forschungsbeiträge von Ausschussmitgliedern, moderiert vom Vorsitzenden, zum übergeordneten Jahres-Ausschussthema "Aktuelle Entwicklungen im Bereich der intersektoralen Versorgungsstrukturen und deren Vergütungsinstrumente".

Vorträge

Sektorengleiche Versorgung und Vergütung in Orthopädie und Unfallchirurgie
Silke Arnegger, Prof. Dr., Wiesbaden Business School Hochschule RheinMain

Einleitung

Basis einer verstärkten Ambulantisierung in Deutschland ist die international beobachtbare Vorgehensweise, sich zunächst auf Eingriffe und Operationen zu fokussieren. Hierin werden sodann pro Fachrichtung die fallschweren Leistungen ausgewählt, um eine kritische Masse für die Umstrukturierung zu erreichen. Eine wesentliche Ursache für den notwendigen Strukturwandel innerhalb des Bereichs ambulanter Operationen und Eingriffe in Deutschland bleibt die ungleiche Vergütung grundsätzlich identischer Leistungen. Mit der Schaffung des §115b SGB V existiert ein Leistungsbereich, der Operationen, sonstige stationsersetzende Eingriffe und Behandlungen im Krankenhaus zu gleichen Leistungsbedingungen wie in der niedergelassenen Praxis einrichtet. In diesem AOP-Katalog werden die Leistungen aber nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgegolten, der im direkten Vergleich mit den Diagnosis Related Groups (DRGs) auch nach Addition sämtlicher etwaiger Sach- oder Implantatkosten finanziell weniger attraktiv ist. Auch über die zunächst initiierten Entscheidungen des Bundesministeriums zu tagesstationären Behandlungen, zur speziellen sektorengleichen Vergütung oder zu aus der Krankenhauskommission resultierenden Alternativen hinaus, sind die konkreten Entwürfe und Empfehlungen aus den unmittelbaren fachärztlichen Vertretungen von hoher Relevanz. Die Präsentation zeigt den Vorschlag einer initialen sektorengleichen Versorgung und Vergütung für den Fachbereich der Orthopäden und Unfallchirurgen. Hierzu wurde das Leistungsgeschehen von sechs, primär für eine Ambulantisierung geeignete Leistungen, aus der Major Diagnostic Category (MDC) 08 – muskoloskelettaler Bereich – analysiert. Auf Basis einer Untersuchung der DRG-relevanten OPS für diese Schwerpunkte und der im ambulanten Bereich abrechenbaren Kategorien, wird eine einheitliche Vergütung vorgeschlagen. Dieser Vergütung wurde eine ordnungspolitische Handlungsanweisung beiseite gestellt. Auf Basis der ausgewählten Schwerpunkte und zugehörigen OPS sollen erste konkrete Evaluationen mit Partnern aus dem Krankenhausbereich stattfinden. Hieraus kann der ökonomische Effekt einer stringenten Ambulantisierung für diese Schwerpunkte in unterschiedlichen bisher stationären Settings beleuchtet werden. Innerhalb der Neuausrichtung in Deutschland können bereits generische Vorschläge einer einheitlichen Versorgung und Vergütung identifiziert werden. Es existieren aber auch Vorschläge für spezifische Fachgruppen. Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden soll ein Vergleich stattfinden und optimalerweise aus der Gesamtschau ein „best practice“ entstehen.

Variability in hospital outpatient care provision – Why are they (not) doing it? Empirical findings from Germany
Fenja Hoogestraat, Universität Hamburg HCHE

Einleitung

BACKGROUND For many diagnoses, hospital-based outpatient care offers advantages compared to inpatient treatment, not only from an economic perspective but also in terms of patient preferences. However, the financial incentives in Germany stand in contrast to this: hospitals receive significantly higher remuneration for the same procedure in inpatient treatment than in outpatient treatment. Although it is often a loss-making business for hospitals to offer treatments on an outpatient basis, hospitals do provide outpatient services. Similar to other OECD countries, there is a strong variation in the share of outpatient services among hospitals in Germany. Evidence explaining why hospitals provide outpatient services that are predominantly provided as inpatient services elsewhere is not yet existent. The aim of our study is therefore to identify factors that contribute to explaining the variation in hospital-based outpatient care. DATA AND METHODS The study uses a mixed-methods design. As a research setting, we focus on German acute care hospitals for the years 2014 through 2019. Analyses are based on a variety of data sources, e.g., the structured quality reports of German hospitals or administrative claims data of various nationwide health insurance funds. The share of outpatient services in total hospital services serves as our dependent variable. For selecting our independent variables, we consider various factors that, according to previous literature and theoretical considerations are expected to be associated with the provision of hospital-based outpatient care (e.g., hospital size, ownership). We then validate this list by surveying practitioners to discuss variable selection and ensure that all relevant factors are examined. Data are analyzed using multilevel analyses. Additionally, to examine which factors contribute most to variation in hospital-based outpatient care provision, dominance analyses are performed. RESULTS Preliminary descriptive results show that there is variation among hospitals in hospital-based outpatient care provision, with shares of outpatient services in total hospital services ranging from 0% to 95%. Since the survey aimed at validating the variable selection will not be conducted until the end of year 2022, our analyses will be performed in January 2023. CONCLUSION The study design enables us to explore factors associated with hospital-based outpatient care provision, and thus makes an important contribution to a deeper understanding of differences in the provision of hospital-based outpatient care. Our results and practical recommendations inform policy makers about possible approaches to incentivizing hospitals to offer hospital-based outpatient care.

Generierung eines Index zur Überprüfung der regionalen sektorenübergreifenden Versorgungsqualität
Willi Wöllner, Universität Bayreuth

Einleitung

Die Notwendigkeit der Veränderung der Krankhaus-Landschaft wird immer mehr als unumgänglich erachtet. Dabei spielen Überkapazität und die unzureichende Spezialisierung und Konzentration eine elementare Rolle. Während die im internationalen Vergleich hohen Krankenhauskapazitäten in der Kritik stehen, werden gleichzeitig vor allem große Ambulantisierungspotenziale in der aktuellen stationären Versorgung gesehen. Zusätzlich kommen der demographische Wandel und der sich verschärfende Fachkräftemangel verstärkend hinzu, welche in der Summe einen bisher nicht erfolgten Strukturwandel im Krankhaussektor notwendig machen. Die daraus resultierende veränderte Krankhausstruktur, wird zukünftig nicht mehr alle heutigen Krankenhausstandorte notwendig machen, zumal eine immer stärkere Zusammenführung der Sektoren (ambulant und stationär) stattfindet. Bei der Schließung eines Klinikstandortes besteht die besondere Herausforderung, eine bedarfsgerechte, qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu gewährleisten. Bisher werden die Auswirkungen auf die regionale Gesundheitsversorgung sektorenübergreifend nicht standardmäßig erhoben, obwohl nicht selten mit politischer Relevanz. Hierfür wird ein Qualitätsindex entwickelt, der dieses sektorenübergreifende aktuelle und nach der Krankhausschließung vorliegende Gesundheitsangebot einheitlich erheben und vergleichbar machen soll. Ziel soll dabei sein die Versorgung zum Status Quo und nach Schließung des Krankhauses quantifizierbar zu machen. Dafür werden Daten der Struktur- (z.B. Erreichbarkeit), Prozess- (z.B. Abmeldung Notaufnahme) und Ergebnisqualität (z.B. Verweildauern, ASK-Fälle) ausgewertet und mit Bürgerbefragungen ergänzt. Es fließen zunächst Daten eines somatischen Referenz-Krankhauses, sowie dazugehörige geografische und demografische Daten ein. Die Befragungen unterstützen/verfeinern die Berechnung des Index mit den subjektiven Einschätzungen betroffener BürgerInnen im Einzugsgebiet der Klinik hinsichtlich Wartezeiten, Erreichbarkeiten, Gesundheitsangeboten, etc. Ein Vergleich der Teilindices soll auf den jeweiligen Qualitätsebenen mögliche Defizite identifizieren, um rechtzeitig Angebote schaffen zu können, die einem potenziellen Verlust an Versorgungsqualität in der jeweiligen betroffenen Region vorbeugen. Im Weiteren soll die Anwendbarkeit der Indices auf die Versorgungslandschaft des deutschen Gesundheitssystems überprüft werden. Die Ergebnisse können als Grundlage für die zukünftigen regionalpolitischen Entscheidungen dienen.

Do hospitals that provide more outpatient care perform better? - Empirical findings from Germany
Robert Messerle, Universität Hamburg HCHE

Einleitung

BACKGROUND Historically, hospitals were designed to provide inpatient care, i.e., medical treatment of admitted patients that stay at least overnight. Due to an increasing number of procedures that can now be safely performed in both inpatient and outpatient settings, outpatient care is becoming more of a focus for hospitals. Numerous studies have shown the advantages of outpatient care from different perspectives. From a health system perspective, increased outpatient provision is usually regarded as more efficient. Individual hospitals may also benefit from sharing resources for inpatient and outpatient care, thereby increasing their efficiency. However, from an overall performance perspective the question "Do hospitals that provide more outpatient care perform better?" remains an open one. Whereas previous studies have mainly focused on single performance indicators, e.g., technical efficiency, a holistic impact assessment of outpatient care provision in hospitals is needed, in which the multidimensional target system of hospitals is considered. DATA AND METHODS We focus on German acute care hospitals for the years 2014 to 2019. Our main data source are the structured quality reports published annually by German hospitals, which contain information on hospital characteristics. The data is complemented by a variety of additional sources, e.g., regional characteristics, data on patient satisfaction, financial data as well as administrative inpatient and outpatient claims data of various nationwide health insurance funds. Our methodological approach is two-fold. First, efficiency analyses are conducted using order-m analysis. Order-m analysis, which generalizes the free disposal hull method, has been shown to be more robust to extreme values than data envelopment analysis (DEA) or stochastic frontier analysis (SFA) and is less prone to the curse of dimensionality, both of which are desirable characteristics in the context of our study sample. To achieve a broad understanding of hospital efficiency, both financial data and quality performance data are used as additional outputs in efficiency analysis, extending the technical efficiency analysis. Secondly, (truncated) regression analyses are conducted using the hospital efficiency scores from the first step as the dependent variables. Our main independent variable of interest is outpatient care provision. RESULTS Data analysis is planned for early 2023. CONCLUSION To guide decision-making at hospital management level, our study offers valuable insights into how the hospitals’ outpatient care provision affects overall hospital performance. The findings provide policy makers with an evidence-based assessment of the impact of increased outpatient care provision on hospitals.