Vortragssitzung
Heterogene Gesellschaft und Gesundheit
Talks
Menschen mit Down-Syndrom und Demenz- eine Versorgungsanalyse anhand von Routinedaten
Anke Walendzik, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement
Einleitung / Introduction
Menschen mit einem Down-Syndrom (DS) haben ein deutlich erhöhtes Risiko, eine Alzheimer-Demenz zu entwickeln. Dieses erhöhte Krankheitsrisiko trifft auf Herausforderungen in der Diagnostik und Therapie der Demenz in dieser Patientengruppe, die sich unterschiedlich im Vergleich zur Versorgung der Allgemeinbevölkerung bei Demenz gestalten. Mit der hier vorgestellten Routinedatenanalyse, die im Rahmen des Innovationsfondsprojektes „(Zugang zur) Diagnostik und Therapie demenzieller Erkrankungen bei Menschen mit einem Down-Syndrom (DS-Demenz)“ unter dem Förderkennzeichen: 01VSF21030 durchgeführt wird, sollen Prävalenz und Inzidenz der Demenz sowie der Status Quo der Versorgung (Diagnostik, Therapie) der Zielpopulation im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in der GKV durch den Lehrstuhl für Medizinmanagement ermittelt werden.
Methode / Method
Um den Versorgungsprozess umfassend abbilden zu können, werden bundesweite GKV-Routinedaten des am Projekt beteiligten Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) für die Datenjahre 2010 bis 2019 herangezogen. Neben den Versicherungsstammdaten werden Versorgungsdaten des vertragsärztlichen Bereichs, des Krankenhaussektors, der Arzneimittel- und Hilfsmittelversorgung, der Rehabilitation sowie ergänzend der Pflegeversicherung einbezogen. Neben der Ermittlung von Prävalenzen und Inzidenzen der Demenz werden auf Basis der Empfehlungen der S3-Leitlinie Demenzen vergleichende deskriptive Analysen der Versorgung der Versichertengruppen mit Alzheimer-Demenz mit und ohne DS, differenziert nach Subgruppen (Altersklasse, Geschlecht, Regionstyp; durchgeführt. Zusätzlich wird ein deskriptiver Vergleich der Versorgung der Versicherten mit DS und Demenz mit einem im Rahmen des Projekts durch die Projektpartner, Ambulanz für Alzheimer bei Downsyndrom (LMU Klinikum), und Institut für Allgemeinmedizin (Goethe-Universität Frankfurt am Main), erstellten Goldstandards der Versorgung dieser vulnerablen Patientengruppe vorgenommen.
Ergebnisse / Results
Die Datenlieferung des WIdO ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgt. Erste explorative Datenanalysen haben ergeben, dass eine vergleichende Auswertung nach genetischen Subgruppen des DS nicht sinnvoll erscheint, da die Kodierqualität hier relativ niedrig ist. Die Ergebnisse der oben beschriebenen Analyse werden Ende Januar 2023 vorliegen.
Zusammenfassung / Conclusion
Bestehende Versorgungsdefizite werden im Rahmen des Projekts zusätzlich mittels eines Scoping-Reviews, einer Befragung von Angehörigen/Betreuern und Experteninterviews ermittelt, um verschiedene Perspektiven einbeziehen zu können. Aufbauend auf diesen Vorarbeiten erfolgt die Entwicklung eines Maßnahmenkonzepts und von Handlungsempfehlungen für Gesetzgeber und Selbstverwaltung.
Authors
Anke Walendzik, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement
Hüer Theresa, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement
Milena Weitzel, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement
Thomas Ruhnke, Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO)
Olivia Wagemann, Ambulanz für Alzheimer bei Down-Syndrom, LMU München
Valentina Tesky, Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main
Jürgen Wasem, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement
Soziodemographische und klinische Prädiktoren für das Angebot einer allergenspezifischen Immuntherapie bei Personen mit allergischen Atemwegserkrankungen
Frederik Valbert, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement
Einleitung / Introduction
Allergische Atemwegserkrankungen betreffen eine Vielzahl an Personen und sind aus sozialer und ökonomischer Perspektive als relevante Belastungen einzustufen. Als einzige Kausaltherapie neben der - häufig nicht umsetzbaren - Allergenkarenz steht die allergenspezifische Immuntherapie (AIT) zur Verfügung. Ziel der hier präsentierten Analyse ist es, Prädiktoren für das Angebot einer AIT zu identifizieren.
Methode / Method
In der VerSITA-Studie wurde eine Stichprobe (n = 21.901) von Personen, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind und eine allergische Atemwegserkrankung (allergische Rhinitis, allergisches Asthma oder beides) aufweisen, zwischen Mai 2019 und Februar 2020 postalisch mit einem Fragebogen und einem Einverständnisformular kontaktiert. Zu Personen mit gültiger Einverständniserklärung wurden zudem Routinedaten der Periode Januar 2014 bis Juni 2018 übermittelt. Prädiktoren für das Angebot einer AIT wurden mittels einer logistischen Regression identifiziert. Ein Test auf Multikollinearität wurde durchgeführt.
Ergebnisse / Results
2.505 Studienteilnehmer konnten in die Analysepopulation der VerSITA-Studie eingeschlossen werden. Durchschnittlich sind diese 48 Jahre alt und zu 67 % weibliche Personen. Die häufigsten Allergene, auf welche die Studienteilnehmer reagieren (Mehrfachnennungen möglich) sind Baum- (76 %) und Graspollen (73 %), wobei 63 % der Studienteilnehmer gegen 3 oder mehr Allergene sensibilisiert sind. Bei 54 % der Studienteilnehmer war im Datenzeitraum eine AIT in den Routinedaten kodiert. Die Datenverfügbarkeit erlaubte bei 2.125 Studienteilnehmern einen Einschluss in die Regressionsanalyse zu Prädiktoren für das Angebot einer AIT (Nagelkerkes-R-Quadrat: 15 %). Signifikant positive Prädiktoren sind: Allergie gegen Baumpollen (Regressionskoeffizient (B) = 0,564) und Muttersprachler (B = 0,824). Signifikant negative Prädiktoren sind hingegen: Gruppenzugehörigkeit (Referenz: „allergische Rhinitis + allergisches Asthma“) „allergische Rhinitis (ausschließlich)“ (B = - 0,397), Gruppenzugehörigkeit „allergisches Asthma (ausschließlich)“ (B = - 0,942), Alter in Jahren (B = - 0,019), nicht-deutsche Staatsbürgerschaft (B = - 0,572), höchster Schulabschluss (Referenz: „(Fach)Hochschulreife“) „kein Schulabschluss“ (B = - 1,795) sowie höchster Schulabschluss „Hauptschule“ (B = - 0,425).
Zusammenfassung / Conclusion
Es konnten soziodemographische und klinische Merkmale als signifikante Prädiktoren für das Angebot einer AIT identifiziert werden. Auffällig hierbei ist, dass unter anderem Personen mit potentiell vulnerabler Stellung in der Gesellschaft, z. B. aufgrund ihres niedrigen Bildungsstatus oder einer nicht-deutschen Staatsbürgerschaft/anderer Muttersprache, eine signifikant niedrigere Wahrscheinlichkeit aufweisen, eine AIT angeboten zu bekommen.
Authors
Frederik Valbert, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement
Silke Neusser
Oliver Pfaar
Ludger Klimek
Annette Sperl
Thomas Werfel
Eckard Hamelmann
Cordula Riederer
Stefanie Wobbe-Ribinski
Vivienne Hillerich
Anja Neumann
Jürgen Wasem
Janine Biermann-Stallwitz
Health Shocks and Health Behavior: Large A Long-Term Perspective
Irina Simankova
Einleitung / Introduction
Besides direct effects on health and economic outcomes, various behavioral responses to such shocks have been discussed in the literature. Responses in terms of health related behaviors are particularly relevant since such behavioral change may be the key to recover from that shock and to avoid further deterioration of health in the future. Thus, our research question is “(How) does (i) smoking, (ii) diet, and (iii) physical activity respond to sudden deterioration of (i) physical and (ii) mental health in the (i) short, (ii) medium, and (iii) long run?”. Contribution: • Besides smoking, also dietary preferences and physical activity are considered health behaviors. • Long/medium-run effects analyzed (data from 2001 to 2019). • Distinguish between mental and physical health shocks.
Methode / Method
Estimating ATE using Double/Debiased Machine Learning (a combination of Augmented Inverse-Probability Weighting and machine learning prediction algorithms).
Ergebnisse / Results
- Virtually no long-term behavioral response to health shocks. - Small if any transient behavioral responses.
Zusammenfassung / Conclusion
Literature suggests that individuals improve health related behaviors in response to adverse shocks to physical health. However, little empirical evidence exists regarding the questions of (i) how long-lasting these behavioral responses are and (ii) whether individuals respond to shocks to mental health in a similar way. Using individual-level survey data from Germany and combining regression augmented inverse-probability weighting with machine learning prediction algorithms, we compare individuals hit by such shocks with a control group of undisturbed individuals up to fifteen years after that shock. The analyses confirm earlier findings that individuals experiencing a sharp deterioration of physical health immediately improve their health behaviors in terms of eating more healthily being less likely to smoke. On the contrary, doing sports is negatively affected. We further find that the immediate response to shocks on mental health is weaker, with the exception of smoking. Tobacco consumption on average becomes more likely after a shock to mental health. We further find that the immediate response to shocks on mental health is weaker, with the exception of smoking behavior, which on average worsens after a shock to mental health. Yet the analysis does not reveal long lasting persistent effects. Significant differences in health behaviors are rarely found more than two years after the health shock.