Organized session
QuaSiApps: Fortlaufende Qualitätssicherung von Digitalen Gesundheitsanwendungen
Talks
Mixed Methods Ansatz zur Entwicklung eines fortlaufenden Qualitätssicherungsverfahrens von DiGA: Studiendesign
Carina Abels, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement
Introduction
Seit Ende 2020 sind die ersten digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) zugelassen und damit in der GKV erstattungsfähig. Deutschland ist daher das erste Land, in dem „Gesundheits-Apps“ Bestandteil der kollektivvertraglichen Versorgung sind. Voraussetzung für die Zulassung ist das erfolgreiche Durchlaufen des Fast-Track-Verfahrens des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Hierbei müssen die DiGA umfassende Prüfkriterien im Sinne von (Qualitäts-)Anforderungen erfüllen. Eine anschließende, einheitliche, fortlaufende Qualitätssicherung (QS) der DiGA findet aktuell jedoch nicht statt. Ziel des vom Innovationsfonds geförderten Versorgungsforschungsprojekts „Fortlaufende Qualitätssicherung von in der GKV-Regelversorgung eingesetzten Gesundheits-Apps (QuaSiApps)“ ist die Entwicklung eines Verfahrens zur fortlaufenden QS von DiGA. Grundlage für das avisierte QS-Konzept ist die Beantwortung von sieben Forschungsfragen zu Problemen bei der Versorgung mit DiGA, Verwendungszwecken der Qualitätsbewertung, zu berücksichtigenden Qualitätsdimensionen, -aspekten, -merkmalen, -anforderungen und -indikatoren sowie zu Möglichkeiten und Grenzen einer Qualitätssicherung. Zur Beantwortung der Forschungsfragen und der Entwicklung des Konzepts wird ein Mixed-Methods Ansatz genutzt. In zwei aufeinanderfolgenden Arbeitspaketen werden neben zwei Scoping Reviews als qualitative Erhebungselemente Fokusgruppen, leitfadengestützte Experteninterviews sowie -workshops durchgeführt. Im Rahmen der Scoping Reviews wird die nationale und internationale Evidenzlage zu möglichen Problemen bei der Versorgung sowie zur Qualitätsbewertung von Gesundheits-Apps abgebildet. Die Fokusgruppen dienen der Erfassung der Patientenperspektive hinsichtlich Versorgungsproblemen und relevanten Qualitätsdimensionen. Die Patientenperspektive wird ergänzt um die Perspektive relevanter Stakeholder im Kontext von DiGA. Zur Diskussion und Konsentierung des QS-Verfahrens dienen Expertenworkshops. Als Ergebnis des Projekts steht ein Konzept zur kontinuierlichen QS von DiGA, inklusive Empfehlungen zur institutionellen und verfahrenstechnischen Einbindung. Die zusammengeführten Ergebnisse der Scoping Reviews, Fokusgruppen und Interviews dienen hierfür als Grundlage. Fortlaufende QS von DiGA ist essentiell, um einen langfristig qualitativ hochwertigen Einsatz von DiGA zu gewährleisten. Die medizinische Versorgung mit DiGA ist ein junger Leistungsbereich, sodass langfristige QS-Konzepte zunächst entwickelt werden. Zur Erreichung einer hohen Akzeptanz werden die relevanten Stakeholder in die Entwicklung einbezogen. Die Etablierung einer fortlaufenden QS von DiGA nach der Zulassung kann zu einer Erhöhung der Versorgungsqualität und des Vertrauens gegenüber DiGA führen.
Qualitätsbewertung von Digitalen Gesundheitsanwendungen
Godwin Giebel, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement
Introduction
In Deutschland sind seit September 2020 Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) fester Bestandteil des Gesundheitswesens. Im Rahmen der Zulassung durchlaufen DiGA ein definiertes Fast-Track-Verfahren, in dem verschiedene Kriterien wie z.B. positive Versorgungseffekte, Patientensicherheit und Datenschutz geprüft werden. Ob diese Prüfung allerdings vollumfänglich und ausreichend ist, um eine kontinuierlich gute Qualität zu gewährleisten ist nicht abschließend geklärt. Ziel des vom Innovationsfonds gefördertem Projekts QuaSiApps ist es deshalb, ein Konzept zur kontinuierlichen Qualitätssicherung von DiGA zu entwickeln. Grundlegend für die Konzeptentwicklung soll dieser Scoping Review einen Überblick über Qualitätsdimensionen und –aspekte im Kontext von mHealth Apps geben. Die systematische Recherche fand in den Datenbanken MEDLINE, Embase und PsycINFO statt. Eingeschlossen wurden Studien, die Konzepte zur Qualitätssicherung oder –bewertung beinhalteten und auf patientengenutzte mHealth Apps im ambulanten Setting anwendbar sind. Die Studienselektion fand durch zwei unabhängige Reviewer statt. Ergänzt wurde eine strukturierte Internetrecherche auf Seiten relevanter internationaler Organisationen. Die Rechercheergebnisse wurden entsprechend der PRISMA Erweiterung für Scoping Reviews dargestellt. Die Auswertung eingeschlossener Publikationen und die Kategorisierung der Qualitätsdimensionen fand mit Hilfe von MAXQDA und Tabellen statt. Insgesamt wurden mit der systematischen Recherche 2235 Publikationen identifiziert, wovon 59 die Einschlusskriterien erfüllten. Ermittelte Qualitätsdimensionen und –aspekte wurden analysiert und in 14 Qualitätsdimensionen klassifiziert: 1) Information & Transparenz, 2) Gültigkeit und (Zusatz-) Nutzen, 3) (Medizinische) Sicherheit, 4) Interoperabilität und Kompatibilität, 5) Aktualität, 6) Rechtliches, 7) Nutzereinbindung, 8) Datensicherheit und Datenschutz, 9) Benutzerfreundlichkeit und Design, 10) Technologie, 11) Organisatorisches, 12) Soziales, 13) Gerechtigkeit und Gleichheit und 14) Kosten (-effektivität). Während einige Qualitätsdimensionen sehr verbreitet und in vielen Bewertungskonzepten beinhaltet sind (z.B. „Gültigkeit und (Zusatz-)Nutzen“, „Benutzerfreundlichkeit und Design“ oder „Datensicherheit und Datenschutz“) fanden andere Dimensionen (z.B.: „Organisatorisches“, „Soziales“ oder „Gerechtigkeit und Gleichheit“) weniger Berücksichtigung. DiGA können einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung leisten. Um dies zu gewährleisten muss die Qualität der Anwendungen kontinuierlich gesichert werden. Mit der systematischen Erfassung der Evidenzlage schafft dieser Scoping Review hierzu eine wichtige Grundlage.
Probleme und Barrieren im Kontext Digitaler Gesundheitsanwendungen aus Stakeholderperspektive – Qualitative Erhebung mittels Experteninterviews
Felix Plescher, Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement
Introduction
Seit Ende 2020 sind die ersten digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) in das DiGA-Verzeichnis nach § 139e SGB V aufgenommen und somit kollektivvertraglich erstattungsfähig. Voraussetzung für die Aufnahme ist das erfolgreiche Durchlaufen des Fast-Track-Verfahrens des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, welches in der vorläufigen oder dauerhaften Aufnahme der DiGA münden kann. DiGA stellen einen jungen Versorgungsbereich dar, sodass aktuell auf verschiedenen Ebenen noch Optimierungspotenziale bestehen. Im Rahmen des Innovationsfondsprojekts „Fortlaufende Qualitätssicherung von in der GKV-Regelversorgung eingesetzten Gesundheits-Apps (QuaSiApps)“ werden daher u.a. die aktuellen Probleme im Kontext von DiGA aus Stakeholder-Perspektive erhoben. Insgesamt wurden 23 leitfadengestützte Experteninterviews durchgeführt. Die befragten Akteure repräsentierten dabei DiGA-relevanten Stakeholder. Die Gesprächsteilnehmer setzten sich u.a. aus DiGA-Herstellern, Patientenorganisationen, sowie Vertretern von GKV, KBV, G-BA und des IQWiG zusammen. Die transkribierten Gespräche wurden mit MAXQDA im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse in Anlehnung an Mayring und Kuckartz ausgewertet. Trotz der primär positiven Einordnung der DiGA als neuer Versorgungsbaustein berichteten die Befragten von Problemen entlang des Fast-Track-Verfahrens, sowie der Versorgungs- und Finanzierungsprozesse. Im Kontext der Prüfung zur Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis ergaben sich abhängig von der jeweiligen Perspektive der Stakeholder zum Teil gegensätzlich Positionen, z.B. hinsichtlich Aufnahmeanforderungen und der vorläufigen Zulassung. Im Rahmen der DiGA-Versorgung wurden sowohl bei bestehenden Abläufen (u.a. Verschreibung, Genehmigungsverfahren der Krankenkassen) als auch auf kommunikativer Ebene (z.B. öffentliche Wahrnehmung) Probleme berichtet. Zudem wirkten die unzureichenden DiGA-Kenntnisse der beteiligten Akteure (z.B. Leistungserbringende, Patienten, Krankenkassen) negativ auf bestehende Abläufe. Die ambivalente Interessenslage und heterogenen Grundvoraussetzungen stellten auch im Rahmen von Preisfindung und Finanzierung Barrieren für die beteiligten Akteure dar. Über alle Teilprozesse ergeben sich somit Potenziale, DiGA als Versorgungsleistung weiter zu optimieren und etablieren. DiGA werden, trotz bestehender Probleme, als sinnvolle Ergänzung der deutschen Versorgungslandschaft bewertet. Die Probleme sollten unter Einbezug der relevanten Stakeholder dennoch frühzeitig adressiert werden, um das Innovationspotenzial dieser digitalen Versorgungsform auszuschöpfen. Das Projekt „QuaSiApps“ trägt hierzu bei, indem durch die Entwicklung eines fortlaufenden Qualitätssicherungskonzepts qualitativ hochwertige DiGA langfristig gewährleistet werden.